Englische Frechdachse: Das Duo Wet Leg überzeugt mit Post-Punk

Photo de Hollie Fernando

Das britische Duo Wet Leg, das erst vor einem Jahr entdeckt wurde, sorgt für einen Hype mit einem ersten ironischen und amüsanten Post-Punk-Album.

Wie aus dem Nichts aufgetaucht, wurden die beiden schamlosen Freundinnen von Wet Leg der Welt mit einem lässig störenden Lied bekannt. Das war im Juni 2021. Das Duo von der Isle of Wight (ein verlorener Landstrich im Ärmelkanal einen Steinwurf von Portsmouth und Southampton entfernt) ließ die Streaming-Plattformen
mit Chaise Longue durchdrehen, einer Hymne an die Faulheit mit einem spöttisch-trockenen Humor, vor dem Hintergrund minimalistischer Bässe und aufspringender Riffs. Bunter und schelmischer Post-Punk, Tendenz girly, die die Brünette Rhian Teasdale und die kleine blonde Hester Chambers mit fröhlich unerwarteten Videoclips begleiten. Zwischen surrealistischen Abzählreimen voller erotischer Wortspiele, absurdem Humor und private jokes (wie dem Zitat von Kultsätzen aus Girls Club dem Lieblings-Teen-Movie der beiden Schulfreundinnen) und eher melancholische Melodien mit gleichgültigem Tonfall (I Don’t Wanna Go Out), die beiden geistreichen Frechdachse machen sich nicht nur mit Arroganz über die Nichtigkeit der Welt lustig, sondern verhöhnen auch ihre eigenen Absurditäten. Man kann sich die beiden gut auf einer Stand-Up-Bühne vorstellen, so sehr scheinen ihre unverschämten Lieder das Echo einer Generation zu sein, zwischen Emanzipation, Verzicht und Desillusionierungen.

Auf Oh No verspotten sie mit ihren flötenden Stimmen die Existenz-Krise der Zwanziger bei Hipstern wie sie, die auf pa- thetische Weise von den sozialen Netzwerken abhängig sind. Bevor sie mit einem Ex von Rhian abrechnen, der ein wenig zu anhänglich war auf Ur Mum – „When I think about what you’ve become / I feel sorry for your mum“ („Wenn ich daran denke was aus dir geworden ist / tut mir deine Mutter leid“) – oder sich mit Sarkasmus über die sexuellen Obsessionen aller Töl- pel dieser Welt auf Wet Dream lustig machen: „What makes you think you’re good enough / To think about me when you’re touching yourself ?“ („Was lässt dich denken, dass du gut genug bist / um an mich zu denken während du dich anfasst?“). Mit ihrer lautstarken Phantasie, zwischen frenetischen Rhythmen und unverschämten Texten – die auch das Recht auf Primitivität einfordern –, macht Wet Leg traurige Musik für Feierwütige… es sei denn es handelt sich um Party-Musik für Traurige. Um daran zu erinnern, dass es, trotz der Schwere der Welt und den Wellen von schlechten Nachrichten noch Platz für Frivolität und Leichtigkeit gibt. Denn schließlich muss Kunst nicht immer düster und humorlos sein !


Bei den Eurockéennes (Belfort) am Freitag den 1. Juli, im Cabaret Vert (Charleville-Mézières) am Mittwoch den 17. August, in der Mascotte (Zürich) am Mittwoch den 26. Oktober und in der Rockhal (Esch-sur- Alzette) am Donnerstag den 10. November
wetlegband.com

Erschienen bei Domino
dominomusic.com

Das könnte dir auch gefallen