Surrealice : die Welt von Lewis Carroll im Musée Tomi Ungerer

Roland Topor, Alice à la neige, 1971. Strasbourg, MAMCS. Photo : M. Bertola, Musées de la Ville de Strasbourg © ADAGP Paris 2022

Die Doppel-Ausstellung Surréalice rund um Lewis Carroll und seine Einflüsse, erkundet in Illustr’Alice die Entwicklung seiner schrillen Phantasie im Laufe der Epochen. 

Fernab des Bildes der Kinderliteratur, das ihm seit dem Zeichentrickfilm von Walt Disney (1951) an den Fersen klebt, der Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln vermischte, hat Alice unentwegt die Künstler begeistert, mit der bemerkenswerten Ausnahme eines gewissen… Tomi Ungerer! „Erstaunlicherweise hat er sich nie mit dieser Figur befasst, selbst wenn er verschiedene illustrierte Werke be- saß“, vertraut uns Thérèse Willer an, die hier, nach vier Jahren Arbeit, ihre letzte Ausstellung präsentiert. Die historische Konservatorin des Centre international de l’illustration hat rund 150 Werke aus ganz Europa vereint, um einen satirischen und beißenden Rundgang zu konzipieren, voller Gegensätze, „denn die Bücher von Carroll und seine Themen sind anpassungsfähig. Die Zeichner benutzen sie, um die Sorgen ihrer jeweiligen Epoche auszudrücken“, versichert jene, die „eine überraschende Diversität und einen Reichtum plastischer For- men entdeckt hat“. 

 

Im Erdgeschoss des Musée Tomi Ungerer enthüllen die Bleistiftskizzen und ersten Farbversionen des Plakats, das für die Ausstellung vom Duo Icinori realisiert wurde, die Geschichte in architektonischen Buchstaben, anhand von Volumen und Figuren. Im ersten Stock geht ein visuelles Mosaik auf die erzählerische Chronologie der beiden Werke ein, bevor man in die verschiedenen Visionen von Carrolls Universum eintaucht. Alain Gauthier nutzt seine Acrylfarben auf Karton für geometrische und ausgefeilte Tränensee und Sturz in den Kaninchenbau (1988). Andere faszinierende Darstellungen sind jene der Aquarelle des Tschechen Jiří Trnka (1967-68). Seine Version der Grinsekatze auf dem Baum, einer Wolke von schillernden Pigmenten, beweist, dass er einer der größten Koloristen seiner Zeit war. Mit seiner blauen Tinte stellt Folon seine unvergleichliche Technik unter Beweis, indem er unter anderem einen Hasen mit zahlreichen Pfoten und Umhängetaschen vor einem rötlichen Himmel über den Bergen (2002) fliegen lässt. Ende der 1960er Jahre zeichnet der Star Ralph Steadman mit Tusche, die wie auf das Papier gespuckt ist, bissige Satiren, insbesondere eine Alice and the Duchess – die an The Party von Tomi Ungerer erinnert – und eine wunderbare Teeparty des verrückten Hutmachers. Neben den Gravuren von Barry Moser, der der Heldin das Gesicht seiner Tochter verleiht, versetzt Peter Blake sie in die Misere der Arbeiter in den Siebzigern, während der Slowake Dušan Kállay im folgenden Jahrzehnt groteske Szenen voller Details und wunderbarer Bestiarien kreiert. Unser Favorit ist nicht die Zeichnung Alice im Schnee von Topor (1971, die an einen gewissen Gustave Doré erinnert), dessen XXL-Version einen Saal des zweiten Teils der Ausstellung im MAMCS schmückt, sondern die Kugelschreiber-Zeichnung von Markéta Prachatická mit seinen angsteinflößenden und einfallsreichen Visionen von Der Garten der lebenden Blumen oder Der Löwe und das Einhorn (1983). 


Im Musée Tomi Ungerer – Centre international de l’illustration (Strasbourg) bis 26. Februar 2023 musees.strasbourg.eu 

> Im gleichen Zeitraum präsentiert das Musée d’Art moderne et contemporain de Strasbourg Lewis Carroll und die Surrealisten 

 

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