neue wege

Photo d'Oliver Dietze / Weltkulturerbe Völklinger Hütte

Der neue Generaldirektor der Völklinger Hütte, Dr. Ralf Beil ist voller Ideen für Projekte um den Platz und die Rolle dieser ehemaligen Eisen-und Stahlfabrik im Saarland zu stärken, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehört. Ein Gespräch.

Sie sind der Nachfolger von Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig, der die Völklinger Hütte 20 Jahre lang geleitet hat. Welches Erbe hinterlässt er Ihnen?
Es ist an der Zeit Projekte zur wenig bekannten Geschichte der Arbeiterfamilien zu initiieren, die in der Völklinger Hütte über Generationen Blut und Wasser geschwitzt haben. Das wäre ein interessanter Kontrapunkt gegenüber der offiziellen Erzählung, die von den Industriellen geschrieben wurde, die über diesen Ort herrschten. Wir verstetigen in diesem Sinne das Werk von Boltanski, das sich nicht nur auf das Schicksal der Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg bezieht. Da wo mein Vorgänger auf insulare Weise mit Privatsammlern arbeitete, habe ich vor die Zusammenarbeit mit großen Institutionen zu verstärken und das Mäzenatentum zu fördern.

Was sind ihre Projekte für diesen außergewöhnlichen Ort des Kulturerbes?

Vor allem mit zeitgenössischen Künstlern von internationaler Reichweite zusammenzuarbeiten. Ich werde auch ein „Zukunftslabor“ auf die Beine stellen. Wir sind der Ort des Anthropozäns schlechthin: Die Eisen-und Stahlproduktion hat dazu beigetragen, die Welt zu verändern und zeigt unsere Verantwortung in der Umweltverschmutzung auf. Früher fütterten die Arbeiter diese gierige Maschine rund um die Uhr. Heute füttern wir alle die digitale Welt, bewusst oder unbewusst. Es liegt an uns zu reagieren, ohne der Maschine zu erliegen, um aus diesem ewigen Kreislauf auszusteigen. Ich glaube daran, dass die Antwort darauf aus der Kreation und der Kunst kommt.

Copyright: Weltkulturerbe Völklinger Hütte/Karl Heinrich Veith

Liegt die Attraktivität der Hütte in der Ausrichtung weiterer künstlerischer Termine (wie mit dem Saarländischen Staatstheater in diesem Sommer), in Künstlerresidenzen oder der Aufwertung einiger Räume?
Alles drei! Wir haben die Stellwände in der Gebläsehalle abgerissen, die ein wesentlicher Ort ist, mit ihren riesigen Rädern, die an Moderne Zeiten von Chaplin erinnern. So hat der Saal seine Aura wiedergewonnen. Hier findet demnächst die Ausstellung Mon Trésor statt, in der materielle und immaterielle Werte aufeinandertreffen. Wir öffnen die Geschichte, indem wir auch die kleinen Laufbahnen inmitten der großen Schicksale beachten. Wir haben einen öffentlichen Aufruf gestartet, damit jeder uns seinen „Schatz“ schickt. Die sommerliche Erfahrung mit dem Saarländischen Staatstheater war ein großer Erfolg: Ein Rundgang von mehr als 2 km an welchem entlang Tänzer, Musiker und Schauspieler, mit Distanz, Auszüge aus Stücken präsentierten.

Wenn man sich ihren Werdegang im Zentrum großer Kunstinstitutionen anschaut (Kunstmuseum Bern, Mathildenhöhe Darmstadt…) fängt man an von einer Künstlerkolonie zu träumen, die – wie in Darmstadt vor einem Jahrhundert – Architekten, Maler und Bildhauer vereint. Eine Utopie, die Sie reizt?
So viele Talente zu versammeln, ist schwierig, denn man braucht Künstler, die auf der Höhe des Ortes sind. Und die Besten sind an allen Ecken der Welt beschäftigt. Aber ich habe trotzdem vor, hier diese Art des fruchtbaren Austauschs zu schaffen. Ich bin davon überzeugt, dass die Emotion in Bezug auf die großen (ökologischen, sozialen, wissenschaftlichen…) Fragen wesentlich ist, ebenso wie das Körpergefühl.


Mon Trésor, Europas Schatz im Saarland, in der Völklinger Hütte (Völklingen), vom 8. November 2020 bis zum 27. Juni 2021
voelklinger-huette.org

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