Home : Caribou ist mit dem berührenden Suddenly zurück

Caribou © Amber Elise

Nach sechs Jahren der Stille ist Caribou mit dem berührenden und melancholischen Suddenly zurück, einem Lockdown-Album, das vor der Pandemie entstand.

Seit dem Erfolg des dichten und bezaubernden Swim (2010), auf halbem Weg zwischen Clubmusik und Pop und dem Erscheinen von Our Love im Jahr 2014, mit seiner sehr sinnlichen Elektromusik, hatte Dan Snaith (alias Caribou) nichts mehr von sich hören lassen. Man muss dazu sagen, dass das Leben des Kanadiers, Doktor in Mathematik und Spezialist der Zahlentheorie, der seit zwei Jahrzehnten in London wohnt, durch mehrere persönliche Schicksalsschläge erschüttert wurde, nacheinander der Tod eines Angehörigen, die Krankheit seines Vaters (2021 verstorben), die unerwartete Geburt seiner zweiten Tochter auf der Rückbank eines Autos, etc. Ohne sich auf ein Werk der Lebensmitte zu reduzieren ist Suddenly die Platte eines Vierzigjährigen im Angesicht der Fragen rund um Älterwerden und Tod, in dieser Phase des Erwachsenseins, in der man sich gleichzeitig um seine Eltern und um seine Kinder sorgt… Jedes der Stücke nimmt so den Anschein eines Gesangs der Hoffnung gegenüber dem Schicksal einer Welt an, die von ihrer Unbeständigkeit und ihrem chaotischen Verlauf charakterisiert wird. Mit Sister, dem Eröffnungstitel, gibt Caribou den Ton an. Die schwache Stimme und die gefühlsbetonten Vibrationen verankern das Werk definitiv in einer intimen und melancholischen Dimension. Ohne jedoch jemals der Niedergeschlagenheit zu erliegen. Ein Lockdown-Werk vor der Zeit, könnte man sagen, denn es ist Anfang 2020 erschienen, wenige Tage bevor sich der Planet verschanzte. 

Sunny’s Time, Caribou, Suddenly

klingt wie ein vertontes Kuscheln, voller Nachsicht und Demut. Das abschließende Ravi seinerseits knüpft an die euphorischen Rhythmen und das hypnotische Eintauchen der Clubmusik an. Präsenter denn je lässt die Vokal-Komposition die eklektischen Einflüsse von Dan Snaith heraushören, von seiner nordamerikanischen Kindheit – Soul, Folk, Hip-Hop, Psychedelic Rock –  bis hin zu seiner Karriere im Londoner Underground. Ebenso pingelig wie spontan geht der Produzent auf subtile Weise von den destrukturierten Strophen von You & I zum staubigen Boom-Bap von Home über, mit seinem Sample von Georgia Barnes und den Hip-Hop-Beats in Begleitung wunderbar verstimmter Klavier des sehr gelungenen Sunny’s Time. Ohne eine falsche Note erkundet Suddenly alle Ecken des musikalischen Spektrums: Es ist eines dieser komplexen Alben, gleichzeitig reichhaltig und berührend, dessen Erkundung Zeit braucht, zu dem man immer wieder und wieder zurückkehrt, um jedes Mal etwas Neues zu entdecken. Die vor wenigen Monaten erschienene Remix-Version der Platte (Suddenly Remix), mit den Freunden Four Tet, Jessy Lanza und dem großen Floating Points – unter anderem – zeigt weitere tausendundein Facetten. 


In der Cartonnerie (Reims) am Mittwoch den 16. März
cartonnerie.fr

Erschienen bei City Slang
cityslang.com

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