The sounds of life

© Pierre Rich

Mit Le Pouls de la Terre teleportiert Jeongmoon Choi die Körper nach Japan, in einer Erfahrung zum Eintauchen in das Erdbeben von Tohoku.

Die koreanische Künstlerin Jeongmoon Choi, die in Berlin lebt und arbeitet, als sich 2011 die Katastrophe von Tohoku ereignet – das Erdbeben verursacht einen Tsunami und den atomaren Unfall von Fukushima – verleiht ihr Leben, indem sie im Raum des Frac Alsace im Rahmen ihrer ersten institutionellen Ausstellung in Frankreich „die Bewegungen und Vibrationen der Erde zeichnet“. Wie für ihre Installationen vor Ort, Architektur aus Wollfäden und Licht, hat die Bildhauerin, die Malerei studiert hat, „das Bedürfnis dreidimensionale Räume zu zeichnen.“ Sie fügt hinzu: „Warum der Faden? Für den handwerklichen Kontakt zwischen meiner Hand und dem Material. Er webt den Raum, unterteilt ihn und beinhaltet diesen Begriff des Maßes, der in der Architektur präsent ist.“ Le Pouls de la Terre verkörpert gleichzeitig das Seismogramm der Katastrophe und eine zerbrechliche Konstruktion, durch die sich der Besucher bewegt um sich so gewissermaßen das Erdbeben anzueignen. Mal bunt, mal leuchtend, deklinieren sich diese weitverzweigten Fäden, die man nicht ganz durchschreiten kann, in zwei Blickspiele. „Jene auf den Wänden, gelb und vertikal, repräsentieren die Höhen der Richterskala. Sie sind die Projektion eines Negativauszugs des Seismogramms von Tohoku“, erklärt die Künstlerin. Die weißen Fäden, im Zentrum des gläsernen Raums, stellen die Katastrophe dar. Zwischen monströser Verkörperung der wissenschaftlichen Skala, Volumen aus gespannten Fäden und geologischer Aufteilung der tektonischen Platten, zeigen sie eine lebendige Erde, im Relief, gleichzeitig gefährlich und verletzlich.

Im Hintergrund ziehen einige rote Fäden den Blick auf sich… Man spürt es. Hier beginnt alles. Die Künstlerin führt die Arbeit eines Geographen aus, die sich bei Einbruch der Dunkelheit verändert. Das Schwarzlicht bringt die phosphoreszierenden Strahlungen zum Vorschein. Das Werk ist nicht mehr nur eine Arbeit von Menschenhand, sondern wird aggressiv, radioaktiv und organisch. Davon zeugt die Elektromusik, die die Installation begleitet, Aufnahmen von Herzschlägen der Künstlerin, deren Rhythmus auf die Partition des Seismogramms abgestimmt ist. Der Puls der Erde verbindet sich mit jenem des Menschen. Wenn er sich aufregt kommt es zu Erdbeben. Das Herz beschleunigt sich, wie die Musik und verursacht Angst.

Am Eingang des Werkes projiziert eine schwarze Box die gefilmte Performance von The Pulse of Earth, des Théâtre physique de Strasbourg, das die Künstlerin mit Katiouschka Kuhn choreographiert hat, was eine zusätzliche Lektüre der Installation ermöglicht. Wie soll man sich im Raum verhalten? Der Platz des Körpers, tanzend oder umherwandelnd ist vital für Jeongmoon Choi: „Er soll sich diese Zerbrechlichkeit aneignen, sie fürchten und erfahren. Der Ton choreographiert die Erschütterungen der Fäden. Der Körper führt die Bewegungen der Vibrationen und Wellen, die den Raum gestalten, aus.“


Im Frac Alsace (Sélestat), bis zum 25. Oktober
frac.culture-alsace.org

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