Pentimenti

Photo de Konstantin Lipatov

Mit Twenty-seven perspectives liefert Maud Le Pladec zahlreiche Variationen rund um die Die Unvollendete von Schubert, die sie in Bewegung umsetzt.

Indem sie sich eines klassischen Monuments annimmt, folgt die Direktorin des Nationalen Zentrums für Choreographie in Orléans den Spuren illustrer Vorgänger. Maud Le Pladec lässt sich vom Schweizer Rémy Zaugg inspirieren, der versucht hatte die verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten eines Gemäldes von Cézanne auszuschöpfen, indem er seine persönlichen 27 perspektivischen Skizzen präsentierte. Vom Bild ausgegangen um beim Wort anzukommen, hatte die Künstlerin aus Basel, die einige Jahre vor ihrem Tod im Jahr 2005 in Pfastatt lebte, zum Beispiel in Buchstaben jede Farbfläche des Gemäldes notiert. Gemeinsam mit dem Komponisten Pete Harden hat die Choreographin fünfunddreißig Variationen zu den beiden ersten Bewegungen der 8. „Unvollendeten“ Sinfonie erfunden. Das Duo arbeitet in Abschnitten von 40 Sekunden, indem es die Bässe, die melodischen und rhythmischen Linien, isoliert und so die Komposition in einzelne Schichten zerlegt, um ihr Instrumentarium hör-und sehbar zu machen. Eine regelkonforme Dekonstruktion mit Technoakzenten, die Schwung und Kraft der ursprünglichen Partition verstärken, die zerkleinert und zerschnipselt wird, bis hin zur dritten, fehlenden Bewegung, die Harden schrieb. Das macht jener keine Angst, die schon eng mit Tom Pauwels vom exzellenten Ensemble Ictus kollaborierte.

Foto von Konstantin Lipatov

Auf einer weißen, breiten Klinge, deren beide Extremitäten wie eine Skate-Rampe hochgebogen sind, explodieren zehn Tänzer im Raum, mit einer Vertikalität und einer ununterbrochenen Dynamik. Mit weiten Oberteilen voller geometrischer Motive bekleidet, entwickeln sie sich, zwischen Persönlichkeit der Gesten und Nüchternheit des Ausdrucks, in einer unaufhörlichen Bewegung. Sehr schnell schlagen sich die Samples der Klangmotive in den Körpern nieder, es sei denn es handelt sich um Elemente des klassischen Balletts, die hier in einem Spiel mit Déjà-vu-Effekten benutzt werden, mit andersartiger Intensität und unterschiedlichen Dimensionen, die unsere Wahrnehmung in die Irre führen. Auf die ursprüngliche Lebhaftigkeit, ihr Kreisen und ihr Ausbreiten, ihre Vielzahl von Rissen und Kurven um sich besser in die Lüfte zu erheben, folgt eine rhythmische slow motion von wenigen Sekunden, die von flüchtigen Bewegungen in realer Geschwindigkeit unterbrochen werden. Die atmosphärischen Lichter simulieren den Mondschein und die Morgendämmerung, wenn die Bühne nicht von einer knallenden Sonne erdrückt wird. In diesem sehr geschriebenen Tanz, der wenig Platz für das Loslassen gibt, entledigen sich die Tänzer nach und nach ihrer Kleiderschichten und reihen sich einvernehmlich in die Reihen des Kollektivs ein. Die wenigen orchestrierten Isolationen treffen auf die Stille einer schwebenden Musik voller Materie, die mit ihren synkopierten Streichern am Ende zu ihrem Bombast zurückfindet.

Foto von Konstantin Lipatov

In L’Arsenal (Metz), am Freitag den 7. Februar
citemusicale-metz.fr

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