Dossier Karlsruhe: Masterpieces

Jean Etienne Liotard, Madame de Vermenoux huldigt Apollo, 1764

Grünewald, Ernst, Rubens, Cézanne, Delaunay, Klein… Besichtigung der reichen Sammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe.

Zunächst Gemäldekabinett des Markgrafen und des Großherzogs ist der Kern der Sammlung der Staatlichen Kunsthalle Anfang des 16. Jahrhunderts entstanden und „erfuhr zwischen 1759 und 1776 einen entscheidenden Aufschwung. Caroline-Louise von Baden kauft damals 205 Gemälde – in erster Linie holländische Werke des 17. Jahrhunderts und französische aus ihrer Epoche –, wobei sie mit einer musealen Urteilskraft handelte, die über die einfache Anhäufung, die damals üblich war, hinausging“, erzählt Prof. Dr. Pia Müller-Tamm, die seit 2009 Direktorin der deutschen Institution ist. Nach und nach hat sich die Sammlung, die heute mehr als 100 000 Stücke umfasst, vergrößert, insbesondere nach 1945 „mit einem auf Westeuropa gerichteten Blick, während die Staatsgalerie Stuttgart sich auf die andere Seite des Atlantiks konzentrierte.“ Bei den Ankäufen – darunter dem kürzlich hinzuge- kommenen Loth und seine Töchter von Hans Baldung Grien1 – geht es darum, „auf unsere Stärken zu setzen, ohne dabei eine Enzyklopädie der Kunstgeschichte zeigen zu wollen“. Diese Highlights werden in erstklassigen Sonderausstellungen hervorgehoben, die „die Sammlung als Ausgangspunkt nehmen“ wie die angekündigte Ausstellung zu François Boucher (14.11.-07.02.2021), die verspricht außergewöhnlich zu werden.

Im Laufe der Säle entfalten sich große Werke, wie die sechs Tafeln des Meisters der Karlsruher Passion2, ein Selbstportrait von Rembrandt, eine romantische und eisige Landschaft von Caspar David Friedrich, Die sieben Todsünden von Otto Dix oder ein Christus als Schmerzensmann von Dürer, eines der Lieblingswerke von Prof. Dr. Pia Müller-Tamm „mit seinem unglaublich melancholischen Blick“. Sie fügt zu ihren Favoriten Le Goût de L’invisible von Magritte oder Zeigen von Karin Sander hinzu, eine Audiotour, die 2012 in Auftrag gegeben wurde und die den Tropismus der Institution für zeitgenössische Kunst illustriert, die sich im Jahr 2010 nicht scheute Miroslaw Balka mit einem vergitterten Korridor zu beauftragen, der eine neue Lektüre des Museumsrundgangs erlaubte. Im kommenden Jahr zieht die Sammlung – die heute schon zum Großteil online zu sehen ist – ins ZKM um, wo ihre Meisterwerke zwischen 2022 und 2024 ausgestellt werden, da die Renovierungsarbeiten des historischen Gebäudes im Sommer 2021 beginnen.

essentiel

Von der Coronavirus-Krise hinweggefegt wurde die ursprünglich für den Sommer vorgesehene Ausstellung Inventing Nature durch Systemrelevant? (bis zum 27.09.) ersetzt. Der Begriff aus dem Finanz-Vokabular hat sich in den vergangenen Monaten erweitert und bezieht sich nun auf Krankenhauspersonal und Zulieferer. Anhand verschiedenster Werke ist dieser Rundgang, der vom Ende des Mittelalters bis in die Gegenwart reicht eine Überlegung zu dem was wichtig und in der Schlussfolgerung, unwichtig ist.
kunsthalle-karlsruhe.de


1 Siehe Poly Nr. 228 oder auf poly.fr
2 Wichtiger Maler der Spätgotik am Oberrhein, der Mitte des 15. Jahrhunderts lebte und dessen Name unbekannt ist

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