Die Wunder von Torsten Michel in der Schwarzwaldstube

© Julian Beekman

Im Herzen des Schwarzwaldes ist die neue Schwarzwaldstube in wenigen Monaten aus der Erde geschossen: Am Herd dieses mit drei Sternen ausgezeichneten Restaurants wirkt Torsten Michel Wunder. Besuch in Baiersbronn. 

Ein bisschen mehr als zwei Jahre nach der verhängnisvollen Nacht des 5. Januars 2020, in der eines der besten Restaurants Europas in den Flammen verschwand, hat die neue Schwarzwaldstube im April wieder geöffnet, in Hotel Traube Tonbach, nach dem sie am Firmament der Drei-Sterne-Restaurants im Guide Michelin mit einem Übergangs-Gebäude blieb, das in fünf Monaten errichtet wurde. Diejenigen, die sich nicht ohne Emotionen an den typisch deutschen Charme des ehemaligen Saals erinnern, sicher ein wenig in die Jahre gekommen, aber verdammt stark, werden nichtsdestotrotz von der Metamorphose begeistert sein. In einem modernen Gebäude, das mit Dachschindeln aus Lärche bedeckt ist, scheint die Gemütlichkeit neu erfunden zu werden, auf die modernste Art und Weise: Die Gäste werden in einer riesigen Licht-Kathedrale installiert, die zwischen Himmel und Erde schwebt, mit einem atemberaubenden Ausblick auf das Tal, den enorme Glasfronten ermöglichen. 


Holz, Stein und Glas kreieren einen perfekten Rahmen, in dem sich die Kunst von Torsten Michel entfalten kann: Der Küchenchef, der 2004 ins Haus kam, hat alle Sprossen der Karriereleiter erklommen und ersetzte 2017 den legendären Harald Wohlfahrt, nicht ohne mit dem Magier des Details Heston Blumenthal (The Fat Duck, Bray), Jean-Georges Klein (in der Zeit in L’Arnsbourg, Baerenthal), einem der brillantesten Kreativen Frankreichs und René Redzepi (Noma, Kopenhagen) mit seiner brutalen, sogar frontalen Beziehung zur Natur gearbeitet zu haben. Am Steuerrad dieses gastronomischen Flaggschiffs des Hotels, das von der Familie Finkbeiner geführt wird, bietet er eine verführerische und noble Karte an „mit Wurzeln, die aus dem französischen Klassizismus schöpfen, der sich an die Zeitgeschichte angepasst hat“, begleitet von Weinen, die vom elsässischen Sommelier Stéphane Gass, der hier seit 1990 arbeitet, mit extremer Sorgfalt ausgewählt werden. Auch wenn sich die Küche des Chefs in diesem neuen Rahmen nicht radikal verändert, hat sie nichtsdestotrotz eine zusätzliche Dimension angenommen, mit einem neuen Schliff. So amüsiert sich das Meer auf meisterhafte Weise mit einigen erdigen Elementen, in einer Komposition mit der unglaublichen Schönheit der Venus, ein Spiel der Formen und Farben, das mit Freude das Auge reizt. Von kleinen Bergen des wertvollsten Kaviars geziert, spielt der gebeizte Thunfisch mit einem Artischocken-Salat, der dem Fernweh nicht widersteht und von Kapern und Sardinen eskortiert wird. Die fleischlichen Leckereien sind dementsprechend, mit einer erstaunlichen Taube aus dem Elsass – die selbst den schärfsten Verächter, wie meine Wenigkeit, dieses Geflügel lieben lässt – mit Süßholz und Zitronenthymian gebraten, in einer Soße, in der die sinnlich erdigen Düfte der schwarzen Zitrone mit der zarten Bitternote des Arabica-Kaffees spielen. Ein Hauch von Nirvana. „Welch ein Gelage!“, hätte Brillat-Savarin ausgerufen. 


Die Schwarzwaldstube liegt im Hotel Traube Tonbach, Tonbachstraße 237 in Baiersbronn. Geöffnet mittwochs bis sonntags abends sowie samstags und sonntags mittags. Menu von 215 bis 265€ 
traube-tonbach.de 

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