Das Museum Frieder Burda und die Maler des Heiligen Herzens

Louis Vivin, Allégorie Non daté © Museum Frieder Burda

Séraphine Louis, Henri Rousseau, Camille Bombois… Das Museum Frieder Burda stellt Die Maler des Heiligen Herzens mit Finesse ins Rampenlicht.

Bezeichnen Sie sie nicht als naiv, art brut, dilettantisch oder mit anderen Adjektiven, die ihnen normalerweise an den Fersen kleben: „Sie sind ganz einfach die Maler des Heiligen Herzens, phantastische Kreative im Einklang mit ihrer Epoche“, fasst Udo Kittelmann, der künstlerische Leiter des Museums Frieder Burda und Kurator dieser begeisternden Ausstellung zusammen. Vom Kunsthistoriker und Galeristen Wilhelm Uhde geprägt, der sie entdeckte und in einer gleichnamigen Ausstellung im Jahr 1928 zusammenbrachte, bezeichnet der Ausdruck working class artists – Zöllner, Gärtner… – Autodidakten, deren Gemälde einen direkten Einfluss auf den Betrachter haben und eine große Emotion hervorrufen. „Das essenzielle ist der Charakter des Werkes als Erfahrung des reinen Herzens“, schrieb er. Mit den Werken, die zum Großteil aus der Sammlung Zander stammen, befasst sich der Rundgang mit fünf Figuren, die die Realität intensiver machen. Einige sind berühmt, wie Henri Rousseau, dessen ikonischer und rätselhafter Lion, ayant faim, se jette sur l’antilope (1898/1905), auf dem der Dschungel wie ein sorgfältig geordnetes Herbarium dargestellt wird, La Belle et la Bête (um 1908) gegenübersteht, einer beunruhigenden Traum-Komposition. Ein schwarzer Hund wirft eine nackte Frau um, in einem Purzelbaum, in dem die tierische Grausamkeit auf eine ungestüme Sexualität trifft. Ebenfalls berühmt ist Séraphine Louis – noch bekannter seit dem Film, in dem sie von Yolande Moreau verkörpert wird –, die Uhde 1912 kennenlernt. Bei seinen Nachbarn sieht er gemalte Äpfel „aus Schönheit gemacht und Realität geworden“ und lernt, dass man sie der Putzfrau verdankt. Indem sie die Flora verherrlichen, erstrahlen ihre Gemälde, die sie oft völlig ausfüllt vor Leben, wie bei einem Strauß üppiger Marguerites (um 1929), einem Mischmasch rötlicher und praller Cerises (Kirschen) oder auch einem phantasmatischen Bouquet de fleurs (Blumenstrauß) in dem rote und grüne Funken in einem pflanzlichen Flechtwerk mit besonderer Leuchtkraft explodieren.


Wenn Camille Bombois – „der mit dem Leben durch eine energische Männlichkeit und eine vehemente Sinnlichkeit vereint war“, wie es Wilhelm Uhde zusammenfasst – weniger bekannt ist, rufen die Körper, die er in seinen engen Bildeinstellungen darstellt, mit ihrer frontalen Erotik eine immense Faszination hervor. Ein Nu au collier (Akt mit Kette), wunderbar unkeusch, mit seinen zarten Hautfalten, verkehrt so mit Ma Poupée est malade, on attend le médecin (Meine Puppe ist krank, wir warten auf den Arzt), bei welchem das Tiefschwarz das Fleisch eines Mädchens in den Vordergrund stellt, das braver ist als jene von Balthus, selbst wenn es von einer gewissen Ambivalenz umgeben ist. Und schließlich spaziert man durch das Paris von Louis Vivin, teuflisch steif und geradlinig – das in einen Kontrast zu grausamen wilden Szenen tritt – mit großem Jubel, genauso wie die phantasierte und unglaubwürdige Antike von André Bauchant, der insbesondere eine atemberaubende Bataille de Marathon (Schlacht bei Marathon) (1926) dargestellt hat.


Im Museum Frieder Burda (Baden-Baden) bis 20. November
museum-frieder-burda.de

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