Ein Österreicher in Berlin: Restaurant Horváth

© Photos de White Kitchen

Sebastian Frank ist einer der großen Küchenchefs des deutschsprachigen Raums: Seine „emanzipatorische Küche“ veredelt die österreichische Tradition und lässt ganz Berlin ins Restaurant Horváth rennen.

 

Hundert Jahre alte Holz-Paneele und schon eine lange Geschichte: In den Siebzigern war der Ort im Zentrum von Kreuzberg, der damals Exil hieß, schon ein Tempel, der der österreichischen Gastronomie gewidmet war und Beuys, Warhol, Fassbinder, Bowie und Konsorten anzog. Der gerade erst vierzig Jahre alte Sebastian Frank ist 2010 in einem Restaurant angekommen, das nun dem Dramaturgen Ödon von Horváth gewidmet ist. Als Sohn seiner Zeit hat der Koch, der in den besten Häusern des Landes ausgebildet wurde (insbesondere in der „wilden und kreativen“ Atmosphäre des Steirerecks in Wien unter der Leitung von Heinz Reitbauer) Steinbutt, Jakobsmuscheln und exotische Gewürze schnell fallen lassen. „Das machte keinen Sinn! Ich wollte zu meinen Ursprüngen zurück, zum Burgenland, in dem ich geboren wurde, zwanzig Minuten von Wien und dreißig Minuten von der ungarischen Grenze entfernt. Ich habe mich auf Produkte beschränkt, die man dort findet: Kartoffeln, Sellerie, Paprika, Zwiebeln…“ Mit zwei Sternen im Guide Michelin belohnt, kann seine Philosophie auf einen Satz heruntergebrochen werden: Kreativität durch Zensur. Indem er sich zahlreiche Zutaten verbietet um sich auf die anderen zu konzentrieren, „kennt“ der Chefkoch sie „in und auswendig. Es können also Dinge passieren, die nicht passiert wären, wenn ich mich all dessen bedienen würde, was der Planet hergibt.“ Illustration mit einer faszinierenden Falschen Lebercreme von Kräuterseitlingen, einer Kugel mit verzückenden Geschmacksnoten, um die herum eine Apfel-Balsam-Reduktion von David Gölles, dem Steirer Champion der Disziplin kreiselt. In eine frontalen Konfrontation zwischen Komplexität und Einfachheit wird er von einer Brioche begleitet, die mit einer großzügigen Schicht Butter mit Aprikosen-Parfum bedeckt ist. „Einige Gerichte, oder Teile von ihnen, stammen direkt, ohne Änderung, aus meinen Kindheitserinnerungen“: Wir wetten, dass dieses wunderbare Marmeladenbrot dazugehört. 

Sebastian Frank ist ebenfalls ein Anhänger einer „emanzipatorischen Küche“ in der jedes Produkt der Hauptdarsteller einer Komposition sein kann und den Platz in den Wind schlägt, der ihm üblicherweise zukommt, so dass Fleisch und Fisch im Dienste von Gemüse stehen, die oft die Hauptrolle spielen. So ist es beim mittlerweile legendären „reifen und jungen“ Sellerie: Er planscht in einer legierten Hühnersuppe von seltener Raffinesse, gedämpfte Selleriescheiben, die mit gerösteter Selleriesaat bestreut sind… Zwölf Monate im Salzteig gereift, ist der Knollensellerie gerieben wie eine Trüffel (deren Aspekt er angenommen hat), auf einem Teller mit explosiven Aromen. Eine Idee die Jahre gebraucht hat um zu reifen und völlig auf der Hand zu liegen scheint, wenn man sie ausprobiert.


Das Restaurant Horváth liegt am Paul Lincke Ufer 44A in Berlin. Dienstags bis Samstags geöffnet, nur am Abend. Menüs von 145 bis 185€
restaurant-horvath.de 
sebastianfrank.at 

Das Restaurant Horváth ist eine Initiative von Die Gemeinschaft, einem Netzwerk von Produzenten und Gastronomen die auf handwerkliche Weise arbeiten und sich ihrer gemeinsamen Verantwortung auf dem Teller bewusst sind.
die-gemeinschaft.net 

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