René Lalique, Architekt und Dekorateur in Wingen-sur-Moder

Panneau Pavots Bildtafel Mohn © Studio Y. Langlois - Collection Sammlung Musée Lalique

Vom Boden bis zur Decke skizziert René Lalique, Architekt und Dekorateur die Spuren, die der Glaskünstler und Tausendsassa in diesen Bereichen hinterlassen hat.

Nach einem Fokus im Jahr 2024 zu seiner Vorreiterrolle bei der Entstehung der modernen Juwelierkunst, erkundet das Musée Lalique eine weniger bekannte Facette der Karriere des Meisters: Die Bekleidung des Raums. Kommerzielle Inszenierungen, Konzeption von Vitrinen, Dekorationen im Stadtraum… Rund 130 Ausstellungs- stücke charakterisieren ein ebenso innovatives wie unbeständiges Werk. Der Rundgang öffnet mit der Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst und Kunstgewerbe von 1925 in Paris, wo der aus der Champagne stammende Künstler an rund zwanzig Orten arbeitet. Zusätzlich zu seinem eigenen Pavillon und dem Stand des Hauses Roger & Gallet, verdankt man ihm eine Vielzahl von Objekten für verschiedene Berufsgruppen. Für die Parfümeure, sei- ne historischen Partner, entwirft er Flacons und Puderdosen, aber auch einen Brunnen mit Zapfen-Motiven, dessen Wasserstrahl aus Pressglas betörende Düfte verströmt. Das Meisterstück der Veranstaltung, die spektakuläre Umsetzung unter dem Titel Les Sources de France („Die Quellen Frankreichs“) entspricht der Mode der geometrischen Reinheit mit ihrer oktogonalen Struktur, die mit der Transparenz spielt und ihren eleganten Karyatiden, die aus den Fluten aufzutauchen scheinen. Während die Weltausstellung von 1900 ihm einen internationalen Ruf als Goldschmied eingebracht hatte, illustriert die Omnipräsenz von René Lalique fünundzwanzig Jahre später seine Fähigkeit dazu Glasproduktion und räumliche Erzählung zu verbinden.


Sich im Klaren darüber, dass sein Talent nicht ausreicht und dass der Ruf der Schlüssel zum Erfolg ist, verlässt jener, der aus Aÿ-Champagne stammt, sehr früh ausgetretene Pfade. Seine erste permanente Vitrine ist zweifelsohne der Ausstellungssaal, den er im Jahr 1902 in seinem Patrizierhaus einweiht. Wenn er hier seine Kunden empfängt um Schmuckstücke und Goldschmidehandwerk zu präsentieren, bekleiden die vier „Athleten-Tafeln“ die Eingangs- tür und zeugen von Anfang an von seiner Vielseitigkeit und Kühnheit. Die Profis, für die er arbeitet, täuschen sich nicht. Ab 1911 nimmt er an der Einrichtung der New Yorker Filiale des Kosme- tikgiganten Coty teil. Von der Fassade bis zu den Präsentations-Salons lässt er ein zartes Motiv mit verschlungenen Mohnblumen verlaufen (Panneau Pa- vots, 1912), womit er diesen beeindrukkenden sechsstöckigen brownstone mit großen Lichtflächen unterteilt. Von den Champs-Élysées bis nach Los Angeles über Tokio arbeitet er anschließend in vielen kollaborativen Projekten (mit dem Modeschöpfer Worth, den großen Ge- schäften von Wanamaker’s…) und lädt sich bis in den intimsten Raum privater Residenzen mit hohen Standards ein, entwirft einen Kronleuchter, der mit Li- bellen und Skarabäen geschmückt ist für den Direktor der Opéra de Paris, Jacques Rouche, oder auch eine dekorierte Tür mit Tafeln, die Athleten und Blumen zeigen für den Modeschöpfer Jacques Doucet. Indem er das Glas von seiner Gebrauchsfunktion befreit, wird René Lalique zum Partisanen seines Ritterschlags, hinterfragt den Platz dieses Materials, das ein Träger des Lichts ist, in der Kunst und der Architektur.


Im Musée Lalique (Wingen-sur-Moder) bis 2. November
musee-lalique.com

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