Carnets de là-bas vereint Sonia Wieder-Atherton und Clément Cogitore

© Clément Cogitore

Für ihr Selbstportrait Carnets de là-bas, lädt die Cellistin Sonia Wieder-Atherton den Künstler Clément Cogitore ein. Begegnung.

Wie hat Sie die große Cellistin Sonia Wieder-Atherton dazu eingeladen, an diesem Projekt teilzunehmen?
Ich höre ihre Musik seit Langem, aber es ist meine Galeristin Chantal Crousel, die uns einander vorgestellt hat. Es war eine sofortige künstlerische und menschliche Liebe auf den ersten Blick, wir haben entdeckt, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben. Sie mag Projekte im Dialog, hat schon mit Charlotte Rampling oder ihrer Lebensgefährtin Chantal Akerman gearbeitet, für die sie mehrfach Filmmusik komponiert hat. Für mich ist es seltener in ein anderes Universum einzutreten. Aber nun bin ich dazu eingeladen zu ihren Texten und ihrer Musik Bilder zu kreieren.

Carnets de là-bas (Notizbücher von dort) war eine Herausforderung, denn es dürfte nicht einfach gewesen sein, ein Portrait der Musikerin zu ihrer Beziehung zur UdSSR Mitten im Einmarsch in die Ukraine zu zeichnen…
Ihr Wunsch war es auf diese Jahre der Ausbildung zurückzublicken als sie, die brillante Schülerin des Pariser Konservatoriums, von der russischen Methode des Moskauer Konservatoriums und dem träumte, was man die Rostropowitsch-Schule nennt. Sie ist mit 19 Jahren dorthin gelangt, hat die Ausbildung der großen Pädagogin Natalia Chakhovskaïa genossen. Man muss sich vorstellen, wie sie das Leben dort lernte, in Gemeinschafts-Wohnungen, für ein Stück Brot Schlange stand… Sie wurde von dem allen geprägt. Wir waren sicher, dass es kein Portrait von Natalia war, aber dass sie darin auftauchen würde. Das Projekt ist für Sonia mehr als ein Selbstportrait. Für die Bilder mussten wir auf der Basis von Archivmaterial arbeiten. Aber wir wollten keine offiziellen Bilder, obwohl das Regime nur diese aufbewahrt hat. Es war also ein Ding der Unmöglichkeit, umso mehr mit dem Beginn des Krieges und dem Einmarsch in die Ukraine. Wir waren völlig der Möglichkeit beraubt dort zu filmen oder dort irgendetwas zu suchen. Das Russland, mit dem wir verbunden sind, jenes der Künstler, Journalisten und Intellektuellen ist nicht dieses hier. Dieses Milieu ist immer dem Regime entkommen, selbst zu Zeiten der UdSSR. Schlussendlich haben wir trotzdem Bilder von damals gefunden und gemeinsam gedreht, mit ihr, anderen Künstlern und Schauspielern eine sensible Fiktion geschaffen. Nichts Spektakuläres oder Dokumentarisches, eher das Zeugnis einer Epoche, mit sparsamen Mitteln, nach der Art und Weise wie das Gedächtnis funktioniert: lebendig und elliptisch.

Auf der Bühne strukturieren diverse Projektionsflächen den Raum…
Wir haben zur Transparenz der Bilder gearbeitet mit Tüll und einem Zyklorama, mit der Idee die Projektion zu fragmentieren, sie aufzubrechen und aufzuteilen, um zwischen Momenten abzuwechseln, in denen das Bild abwesend ist, minimal, und anderen in denen es präsenter ist zu den Texten. Aber Musik und Video durchdringen einander in einer Form des organischen Ausbruchs.


In La Filature (Mulhouse) vom 4. bis 6. April
lafilature.org

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