Bourgogne-Franche-Comté : Retrospektive Charles Belle

Die Rétrospective Charles Belle, die sich an sieben Orten in der Bourgogne-Franche-Comté entfaltet, honoriert einen Porträtisten der Natur.

Fünf Städte, sieben Institutionen. Für seine erste Retrospektive hat Charles Belle, 66 Jahre, Großes vor. Von Belfort bis Besançon über Ornans erweist die Region dem im Departement Doubs geborenen Künstler die Ehre, der in seiner vierzigjährigen Karriere zehntausende Werke geschaffen hat. Rund hundertfünfzig Gemälde und Zeichnungen gehen einen Dialog miteinander und mit Werken von unumgänglichen Figuren der bildenden Kunst (Courbet, Van Gogh…) ein und enthüllen die zahlreichen Facetten einer komplexen und sensiblen Geste. Der Künstler lehnt aus Prinzip den Begriff der Vollendung ab und bekennt sich zu einer „unendlichen“ Malerei, die dazu bestimmt ist, sich unaufhörlich zu verändern. Sein Atelier ist ein Raum der totalen Freiheit, eine Spielwiese, auf der er das Prinzip des Kreationsprozesses an sich in Frage stellt. Das Publikum entdeckt so mehrfach datierte und signierte Gemälde, die einzigen Spuren einer Vergangenheit, die man nicht vermutet. „Das was Sie heute sehen, wird vielleicht so in einem Jahr nicht mehr existieren, oder in zwei Tagen“, versichert er und zitiert als Beispiel sein auto-posthume-portrait, ein Ölgemälde, das einen menschlichen Schädel darstellt, aber in einem Vorleben eine Rote Beete zeigte.

 

Im Widerspruch zu jeglichem künstlerischen Kanon überrascht der Plastiker mit einer fast anthropomorphischen Herangehensweise an das Lebende, das zum emblematischen Thema seiner Arbeit geworden ist. In monumentalen Formaten entfaltet sich das pflanzliche unter tausenden von Pinselstrichen und enthüllt alle seine Unebenheiten. Vom Flaum der Blütenblätter zu den Windungen der Baumrinden portraitiert der in Rochejean geborene Künstler das, was normalerweise in den Hintergrund verbannt wird, indem er „ihre Seele, ihre Intimität und ihre Schmerzen“ einfängt. Jedes Werk trägt in sich eine emotionelle Last, ein intensives Gefühl, an das sich der Maler ohne Unterlass erinnert. „Ein Baum aus meiner Kindheit, eine Blume, die ich beobachte oder eine Rote Beete, auf die ich durch Zufall stoße, an und für sich ist es ein Nicht-Ereignis aber es zu verewigen wühlt mich auf.“ Die Ausstellung tous les reliefs d’une nuit (Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie), die der beunruhigenden Facette seiner Kunst gewidmet ist, lässt uns in das nächtliche Leben dieser leblosen Wesen eintauchen. Weder Sternenhimmel, noch Landschaften im Mondschein. Einige dunkelbraune, rosafarbene und bläuliche Flecken erscheinen auf ebenholzschwarzen oder anthrazitfarbenen Baumstümpfen und leuchten sie mit einem kaum wahrnehmbaren Licht aus. Die Betrachter sind dazu eingeladen aus der Nähe und dann aus der Ferne zu schauen, „um festzustellen, dass es sich nicht um echte Bäume handelt, sondern nur um Malerei“. Indem er in die Abstraktion gleitet, verwischt Charles Belle die Spuren und öffnet mit Feinefühl die Türen zu seiner Psyche. „Im Grunde genommen sind es vielleicht Selbstportraits.


Im  Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie (Besançon) bis 18.09.
Im Atelier Courbet (Ornans) bis 9.10.
Im Musée Courbet (Ornans) bis 16.10.
Im Musée d’Art et d’Histoire (Pontarlier) bis 02.07.-20.11.
Im Musée du Temps (Besançon) bis 08.01.23
In der Saline Royale (Arc-et-Senans) bis 15.01.23
Im Tour 46 (Belfort) 15/10-12/02/23

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