Die Diversität im Herzen der Musikfestspiele Saar

City of Birmingham Symphony Orchestra & Kazuki Yamada © Benjamin Ealovega

Unter dem Motto In varietate concordia, spricht die diesjährige Ausgabe der Musikfestspiele Saar sich für ein Europa aus, das In Vielfalt geeint ist. 

Komplex und entscheidend: So könnte die gegenwärtige Epoche für unseren Kontinent definiert werden. Während das 75. Jubiläum des Europatages gefeiert wird – der an die Schuman-Erklärung vom 9. Mai 1950 erinnert –, richten die Musikfestspiele Saar ihren Blick auf optimistische Weise auf die Zukunft um gleichzeitig „die Deutsche Einheit und die europäische Idee mit der Devise: Einheit, Freiheit, Freifalt, Vielfalt, Vielheit zu feiern“, fassen Bernhard Leonardy und Eva Karolina Behr, die das Festival leiten, mit diesem schönen Neologismus zusammen. Das Programm ist eine Illustration dieser Losung: Nach einem Vorspiel in Berlin, beginnt in der Tat alles mit dem Dresdner Kammerchor (08.05., Stiftskirche Sankt Arnual, Saarbrücken), einer erstklassigen Formation unter der Leitung von Inga Diestel, die am Folgetag eine grenzüberschreitende Reise anbietet, mit drei Terminen in Perl, Sierck-les-Bains und Schengen. Wie ein wunderbares Symbol erinnert das Konzert an ein Konzentrat des europäischen Geistes, das die deutsche mit Italianismus eingefärbte Renaissance mit Johann Hermann Schein (mit dem prächtigen Ich freue mich im Herren) in einen Dialog mit dem mystischen ätherischen Minimalismus von Arvo Pärt stellt – Da Pacem Domine zeigt, wenn es denn noch nötig ist, dass der estnische Komponist einer der Großen unserer Zeit ist –, über die Romantik von Mendelssohn, die Transparenz eines Ravel oder auch das politische Engagement von Hanns Eisler im expliziten Gegen den Krieg.


Das gesamte Festival ist von dieser Vielfalt geprägt, vom Quatuor Diotima (14.06., Schinkelkirche, Bischmisheim) – das ein Gespräch zwischen Brahms und Janáček mit der starken und lyrischen Radikalität der Partie III aus dem Livre pour quatuor von Boulez herstellt – bis zum Bariton Benjamin Appl (22.05., Schloss Münchweiler) der einen Abend gibt, der dem Lied gewidmet ist, bei dem Seiten von Schubert, Strauss, Wolf und Grieg aufeinandertreffen. Was die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern (23.05., Großer Sendesaal des SR, Saarbrücken) angeht, lädt sie uns tatsächlich zu einer wahren Reise um die Welt ein, insbesondere mit der Uraufführung der Evocaciones des Kolumbianers Carlos Cardenas. Während es unmöglich ist, hier ein Programm von großer Bandbreite zu detaillieren, ist es genauso unmöglich das City of Birmingham Symphony Orchestra nicht zu erwähnen (10.05., Theater am Ring, Saarlouis). Unter der Leitung von Kazuki Yamada, einem ebenso präzisen wie begeisternden Dirigenten, entfaltet sich ein 100% französischer Abend, getragen von der Energie des virtuosen Cellisten Kian Soltani: Berlioz, Saint-Saëns (sein Konzert für Violoncello und Orchester Nr.1 von unglaublicher Transparenz, Klarheit und Eleganz) und Fauré, dessen Elegie für Violoncello und Orchester von schrecklich menschlicher Tristesse getränkt ist… Und schließlich bilden die beiden Suiten aus dem Ballett Daphnis et Chloé von Ravel eine musikalische Freske, die wie ein Eintauchen ins Herz eines idealen Griechenlands ist, jenes pastorale der französischen Maler des 18. Jahrhunderts. 


In Saarbrücken und in der gesamten Region vom 8. Mai bis 29. Juni 
musikfestspielesaar.de 

> Das Festival geht im Herbst rund um den Tag der Deutschen Einheit in die Verlängerung (03. & 04.10.) 

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