Die Völklinger Hütte empfängt die 6.UrbanArt Biennale

Roadsworth, Markus Trennheuser

Nachdem sie von 2021 auf 2022 verschoben wurde, erobern die Künstler der 6. UrbanArt Biennale das Terrain der Völklinger Hütte, eines Schmuckstücks der Eisen-und Stahlindustrie aus dem 19. Jahrhundert, das zum Weltkulturerbe der Unesco gehört.

Auch wenn die Hochöfen von Belval im Zentrum von Esch 2022, der europäischen Kulturhauptstadt, stehen, hat sich die Silhouette aus Stahlbeton und Rohrsystemen, die die Landschaft der kleinen Stadt Völklingen beherrscht, nicht zu verstecken. Wenige Kilometer von Forbach und Saarbrücken entfernt, bietet die Gichtbühne in 45 Metern Höhe einen unvergleichlichen Ausblick auf die monumentale saarländische Stahlhütte. Die Möllerhalle, der Bauch des Ortes, an dem die Rohstoffe gelagert und aufbewahrt wurden, dient heute als Ausstellungsraum für vor Ort kreierte Kunstwerke. In der Dunkelheit der hintersten Winkel der Erzhalle hat Maxime Drouet Vitrail installiert: Malereien auf Glas, die die Fenster und Türen eines Zuges dekorieren, ein Echo auf die ersten Graffitis, die die Wagen der Metro in New-York bedeckten. Seine schrillen Lacknasen, deren Hintergrund beleuchtet ist, sind Abstraktionen, die man zu einem Soundtrack von DJ Pone bewundert. Auf dem Dach haben die Brüder Icy & Sot den tausenden Arbeitern die Ehre erwiesen, die sich in diesem Monster aus Krach und Urgewalt verausgabt haben. Die Golden Pyramid dieser beiden Iraner, die sich in Brooklyn niedergelassen haben, vermittelt eine Faszination für die Masse, geometrisch und uniformierend. Ganz in der Nähe zeichnet das französische Duo Lek & Sowat auf die gläserne Fassade Formen und Lettering, die an die Federn von Quetzalcoatl erinnern.

 

Die Namen der Künstler der Biennale Weltkulturerbe Völklinger Hütte kann man bei näherer Betrachtung lesen. Auf dem Dach und am Steuerhaus wiederholen sie dies mit ihrer freihändig realisierten Typographie, gemeinsam mit ihren Komparsen Katre, Obsolettrismes und Sethone. Aus der Ferne magisch, muss man näher herangehen, um alle Details zu erkennen. In der Tradition der writers, präsentiert Peter Gibson aus Montréal, alias Roadsworth, den Slogan Defund the War Machine. Die ineinander verschlungenen Buchstaben, die wie kondensiert sind, erstrecken sich auf 35 Metern Breite und 95 Metern Höhe, rittlings auf dem Dachfirst. Diese Anprangerung des militär-industriellen Komplexes lässt sich nur auf dem Gipfel der Gichtbühne erkennen. Eine weitere bekannte Persönlichkeit, Rero, verstreut seine durchgestrichenen Schriften in allen Ecken der Welt. Auf der riesigen Wand von 125 Metern Länge schreibt er in weiß Hell-O-World. Je nach dem Blickwinkel des Betrachters kann man hier eine Öffnung zur Welt (Hello World, der auch der Slogan der Hütte ist) lesen, wie auch eine Hölle auf Erden, was für die Arbeiter lange der Fall war. Zu unseren Favoriten gehört: die Quatre (brûlantes) saisons von WD. Dem Beispiel der Renaissancekünstler folgend, malt er in der ehemaligen Kokerei vier Ikonen, deren Leinwand Feuer fängt, eine Erinnerung an die Schäden der Klimaerwärmung, die von der Stahlindustrie verursacht wurden. Und schließlich interpretiert Pascal Boyart – genannt Pboy – die Three Graces der griechischen Mythologie neu, die nackt auf einem Teppich aus OP-Masken tanzen. Wie ein graziöses Geschenk liegen echte Exemplare dieses Schutz-Accessoires, das in unsere Leben eingedrungen ist, auf dem Boden, als ob sie aus dem Gemälde gefallen seien. Beißend.


Im Weltkulturerbe Völklinger Hütte (Völklingen) bis zum 6. November
voelklinger-huette.org 

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