La Chèvre d’Or von Tom Meyer in Èze ist ein einziger Genuss

Tom Meyer © Paul Stefanaggi

Als junger Küchenchef aus dem Jura, steht Tom Meyer seit knapp einem Jahr am Herd von La Chèvre d’Or, Ikone der Côte d’Azur. Mit kühnen Gerichten mit betonten Geschmacksnoten, vollbringt er Wunder und wird dafür von zwei Sternen im Guide Michelin belohnt.

Das Mittelmeer funkelt in himmelblau, friedlich, einige Meter unterhalb: In den Felsen gebaut, ist das Schloss La Chèvre d’Or buchstäblich in das mittelalterliche Dorf Èze eingebettet, die Zimmer dieses sehr charmanten Hotels, dessen Abenteuer 1953 begann, verteilen sich entlang der kleinen Gässchen. Vom gastronomischen Restaurant aus ist der Blick atemberaubend, mit dem Horizont als einzigem Limit und diesem omnipräsenten Meer, das „Im Sommerhimmel / seine Schäfchenwolken / mit den so reinen Engeln verwechselt“, wie es Trenet besang. Während die Landschaft die Seele aufgehen lässt, ist die Küche von Tom Meyer der Star, der zurück in einem Haus ist, in dem er 2015 unter der Leitung von Ronan Kervarrec Demi-Chef de partie wurde. Seitdem hat das junge Ass – MOF, Prix Taittinger, etc. – einen wahnsinnigen Weg zurückgelegt. Mit 32 Jahren – die er am 6. Oktober feiern wird – hat er in prestigeträchtigen Etablissements gearbeitet (das legendäre Restaurant de l’Hôtel de Ville de Crissier mit Benoît Violier, dann Franck Giovannini, die Maison Lameloise von Éric Pras, etc.), eroberte auch Paris im Granite, ein Stern im Guide Michelin, im Jahr 2022.

Ehrlich

Seine prägendste Erfahrung bleibt ein Stelle für Recherche und Entwicklung bei Anne-Sophie Pic zwischen 2018 und 2021, mit der Mission die Karten der Küchenchefin mit mehreren Sternen zu entwickeln: „Ich habe zehn Jahre gewonnen, indem ich ohne Unterlass versuchte zu verstehen wie man mit der aromatischen Komplexität umgehen kann, indem ich in die Bücher eintauchte und schaute was man in den Restaurants der ganzen Welt macht. Man konnte sich nicht erlauben ein Gericht anzubieten, das schon woanders präsent war“, fügt er mit einem Lächeln hinzu. In La Chèvre d’Or kümmert sich unser Mann um das gesamte gastronomische Angebot, – was auch Les Remparts umfasst, eine Variante rund um das Mittelmeer-Repertoire, und Le Café du Jardin, einen coolen Tisch zum Teilen –, Tom Meyer spielt eine Partitur aus starken Geschmacksnoten: „Ich will nicht beruhigen, sondern Neues einbringen, überraschen. Es geht nicht darum zu schockieren, das „Bizarre“ ist uninteressant“, fasst er zusammen. So stechen klare Geschmacksnoten hervor, wie ein entsicherter Granatapfel, mit der Verbindung grüne Tomate / Wassermelone, eine Geschmacksexplosion, die zur Ekstase führt. Als Quintessenz der Frische, präsentiert sich diese Vorspeise wie eine Blume, aus rund zehn Kugeln, die in einem Saft aus Sommerportulak und Ingwer planscht: Der Chefkoch träufelt in dieser Farbvariante rund um das (Seladon, Blass, Wald, Flaschen…) Grün unglaubliche aromatische Kraft ein, pulsierend und vibrierend, beflügelt von der Intensität der Myrte und einer erstaunlichen iodhaltigen Konfitüre aus Algen mit Eisenkraut: „Wenn unser Herz laut schlägt / Sagt alles mit ihm Boom“, summt Trenet.


Groß

In einem schicken Rahmen, einer Neuinterpretation der Belle Époque, der ein bisschen altmodisch ist – er wird zur Eröffnung der Saison 2026 komplett verwandelt, insbesondere mit einem Wanddekor von Solène Eloy –, entfaltet sich ein äußerst präzises Ballett, das von Meisterhand von Yann Vaye orchestriert wird, der im Service den richtigen Abstand zwischen Lässigkeit und Feierlichkeit findet. Die Gerichte ziehen vorbei. Jedes ist eine Welt für sich, mit zahlreichen Verführungen, wie bei einer Rinderzunge, die mit allen Codes bricht: „Einen Teller mit Wolfsbarsch, Kaviar und Champagner-Soße zu machen ist gut, aber das kennt man zur Genüge. Hier sind wir in Neuland“, erklärt der Chefkoch, der diese Innereien mit Takt veredelt, indem er mit Texturen und Geschmacksnoten spielt, die Gäste mit Freude aus der Fassung bringt, zwischen Kirschen und Roter Beete (für eine granatrote Komposition) und einer Soße mit Garrigue-Kräutern – Lavendel, Rosmarin und Konsorten. Das Ganze ist ein großes Gericht, wie die sehr graphische Großkopfmeeräsche – eine lokale Variante der Meeräsche – auf einem samtigen Tondo (aus Krevetten und Tagetes), die an die poetischen Abstraktionen von Joan Miró erinnert. Eine Kreation, die den Satz von Nietzsche über Èze illustriert: „Hier folgen die Tage einander mit aufreizender Schönheit.“


La Chèvre d’Or liegt in der rue du Barri (Èze-Village). Täglich geöffnet bis zum 25. Oktober. Menu zwischen 160 und 340€
chevredor.fr

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