(K)unst-(I)ntelligenz : BioMedien erforscht organische und künstliche Lebensformen im ZKM

Aristarkh Chernyshev, Personal information Organism. PiO ver 1.0, 2019 © Aristarkh Chernyshev

In einer extrem dichten Ausstellung hinterfragt BioMedien die Kohabitation zwischen organischen und künstlichen Lebensformen im ZKM, rund um die visionären Vorschläge von sechzig Künstlern.

In allen Epochen hat der Mensch versucht das Leben zu simulieren, von den ersten Automaten bis hin zu den Medien des 20. Jahrhunderts – vom Kino bis zur Op Art, geht es darum, die Illusion von Bewegung zu erzeugen – über die Mechanisierung des 19. Jahrhunderts. Heute bieten die Digitaltechnik und die Künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten“, fasst Daria Mille, eine der drei Kuratorinnen dieser begeisternden Ausstellung zusammen. Sie beginnt symbolisch mit Infinity (2021) der Künstlergruppe Universal Everything, einer unendlichen Parade von computererzeugten Kreaturen auf einem riesigen Bildschirm: Diese haarigen Tierchen durchkämmen den catwalk mit ausgelassener Freude. Danach werden hybride Ökosysteme wie Algorithmic Swarm Study (Triptych) / II (2021) enthüllt, eine interaktive Installation der Künstlergruppe Random International: Eine künstliche Entität aus 500 000 Kreisen und Dreiecken bewegt sich harmonisch auf dem Bildschirm, simuliert dabei das Verhalten eines Schwarms, der auf die Präsenz der Besucher reagiert.


Unter den zahlreichen Beiträgen entfaltet sich ein Bereich, der der nicht-menschlichen Kommunikation gewidmet ist, in dem ein historisches Werk von Gordon Pask, The Colloquy of Mobiles (1968) – ein bizarres Sozialsystem aus fünf organisch-wissenschaftlichen Mobile, die von einem Computer koordiniert werden und miteinander im Dialog stehen – und einer seiner 2019 entstandenen Nachfahren SpeculativeAI / Exp. #2 (conversation) von Birk Schmithüsen in dem zwei KI-Systeme miteinander plaudern. Auch wenn diese Kreationen wie klapprige Roboter aus einem Science-Fiction-Film der siebziger Jahre aussehen, sind sie Schmuckstücke der Technologie: Der Eine aus einem LED von 96 Metern Länge ist mit einem Mikrophon ausgestattet und visualisiert abstrakte Formen als Antwort auf gewisse Geräusche. Der Andere empfängt eine visuelle Nachricht über eine Kamera und übersetzt diese über einen Lautsprecher in multidimensionalen Ton. Sie verstehen sich, interpretieren die Nachrichten: Man könnte dies „Kommunikation“ nennen. Und das macht ein wenig Angst. Es ist diese Mischung aus absoluter Faszination und einer gewissen Angst gegenüber den Möglichkeiten der Maschine, die die ganze Ausstellung prägt (in der man fruchtbare Stunden verbringen kann), von den genialen Experimenten von Alexander Schubert (Crawlers, 2020-21, eine Überlegung zu den sozialen Netzwerken, die das Blut in den Adern erstarren lässt) bis zu den Kreaturen von Sascha Pohflepp, Alessia Nigretti und Matthew Lutz (Those Who, 2019), die eine selbst-generative digitale Biosphäre formen, in der die Evolutionstheorie auf die Digitaltechnik trifft… Welche Fortschritte, seit der informatischen Simulation der Bewegung einer Katze, die Nikolaï Konstantinov, Viktor Minachin und Vladimir Ponomarenko im Jahr 1968, in der UdSSR mithilfe eines BESM-4-Computers realisierten! Diese Raubkatze, der Urahn dieses Rundgangs ist immer noch eine stolze Erscheinung.


Im ZKM (Karlsruhe), bis zum 28. August
zkm.de

> Geführte Besichtigungen jeden Samstag (16:30 Uhr) und Sonntag (11:30 Uhr)
> Geführte Besichtigungen durch die Ausstellung mit evangelischen und katholischen Theologen „Überschreitungen. Kirche im ZKM“, 04.02. & 06.05., 16 Uhr

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