Intérieur nuit : Die erste Kreation des Zirkusartisten Jean-Baptiste André

Photos de Benoît Thibaut

Jean-Baptiste André, halb Zirkusartist, halb Kaugummi-Mann, nimmt seine allererste Kreation Intérieur nuit wieder auf, die Zirkus, Tanz und Video kombiniert. 

Der ehemalige Schüler des Centre national des arts du cirque de Châlons-en-Champagne (Hochschuljahrgang 2002), Jean-Baptiste André lässt Intérieur nuit wieder aufleben, das Stück mit dem er 2004 seine Kompanie, die Association W, gründete, in der er Tanz, Zirkus und visuelle Künste kombiniert. In dieser ersten Langform – zuvor setzte das Team auf „Module“, Mikro-Positionen, die als Labor für zukünftige Arbeiten genutzt wurden –, die er in seinen Studienjahren erfand, untersucht jener, der bis zur Pubertät Gymnastik auf hohem Niveau praktizierte, das Gleichgewicht und die Perspektiven, indem er die Grenzen seines Körpers auslotet. Auf einer kargen Bühne stehen zwei Wandstücke im rechten Winkel zueinander. Unter jedem von ihnen ein kleines Gitter, das an einen Belüftungsschacht erinnert. Oben auf dem einen sind zwei kleine Lücken, die a priori gerade groß genug sind um einen Kopf durchzustecken. Inmitten des gedämpften orangefarbenen Lichts, das manchmal stroboskopischem Flackern oder einer kompletten Schwärze Platz macht, spielt der Regisseur und Interpret mit seinem Schatten, der auf die Wände geworfen wird, gleitet in die Öffnungen, stützt sich auf den Boden, läuft auf den Wänden, zu Vogelgesang, dem melancholischen Trouble Every Day der britischen Gruppe Tindersticks oder den Elektrokompositionen von Christophe Sechet. Dennoch sind es die Momente, in denen das Video hinzukommt, die am Meisten berühren, denn sie kehren völlig die Größen-und Raumverhältnisse um und verleihen den Eindruck, dass der Künstler und sein digitaler Doppelgänger, der live gefilmt wird, Gigancakes und Schrumpftränke aus Alice im Wunderland schlucken. 

In einer Choreographie, der man amüsiert zuschaut, läuft das kleine menschliche Wesen an den Wänden entlang, überwacht die Entwicklung des Anderen hinter ihm, einer Art Riese, bevor es die Rollen umkehrt. Dann versucht es sein Bein zu schnappen, ohne Erfolg. Mit einigen Schritten zur Seite folgt der Rand des Videos seinen Bewegungen, verkleinert das Format des Bildes, bis es schließlich völlig von der Bühne verschwindet. Alleine wirft Jean-Baptiste André ein Auge auf eine Vielzahl von Kleidungsstücken, die aufeinandergehäuft sind, die er kreuz und quer anzieht, bald mit ihnen kämpft, so als würde er, auf seiner Suche nach Freiheit, mit seinen Dämonen kämpfen. Voller Poesie transportiert uns die Aufführung für eine Nacht in das Innenleben eines Mannes, lässt uns die Orientierung verlieren und hinterlässt uns staunend, mitgenommen in ein imaginäres Universum, das man nicht mehr verlassen möchte. 

In der Reithalle (Offenburg, präsentiert mit dem Maillon) am Dienstag den 13. und Mittwoch den 14. Mai
kulturbuero.offenburg.demaillon.eu 

> Bus zwischen Straßburg und Offenburg (Abfahrt 18:45 Uhr vor dem Maillon)
> Künstlergespräch mit Jean-Baptiste André nach der Vorstellung am 14.05. (in französischer Sprache mit Übersetzung ins Deutsche) 

Das könnte dir auch gefallen