Die Schweizer Künstlerin Eva Aeppli im Centre Pompidou-Metz

Eva AEPPLI avec Ama lors du montage de l’exposition « Eva Aeppli» à la galerie Felix Handschin, Bâle, 1969 © Susanne Gyger, Lucerne / musée Tinguely, Bâle / Photographie : Helen Sager

Mit Das sentimentale Museum von Eva Aeppli, widmet das Centre Pompidou-Metz einer verkannten Künstlerin, welche ergreifende Textilfiguren kreierte, die erste französische Retrospektive.

Wer war Eva Aeppli (1925-2015)? Am Eingang zur Ausstellung geben einige eingerahmte Visitenkarten den Hauch einer Antwort. Sie präsentiert sich als „Psychowouzilogue“, Verantwortliche einer „Hexenaufzucht. Großhandel – Zwischenhandel – Kleinhandel“ oder auch „Nobelpreisträgerin des Umzugs“, was einen leicht schel- mischen Geist offenbart. In den 1950er Jahren als Frau von Jean Tinguely, hält sie sich in einer Galaxie von Bildhauern auf, zu denen Daniel Spoerri, Niki de Saint Phalle oder auch Jean Pierre Raynaud gehören – Verbindungen von denen ihre Livres de vie (Lebensbücher) zeugen. In diesen Tagebüchern findet man die Matrix ihres Schaffens, da Briefe, Photographien und Einladungskarten neben vorbereitenden Skizzen für Werke stehen. Als künstlerischer Meteorit zu einer Zeit, in der der Neue Realismus und die Pop Art triumphieren, hinterlässt sie ein besonderes Werk, heimgesucht von der Entdeckung der Bilder aus den Vernichtungslagern, auf die sich die makabren Silhouetten ihrer Kohlezeichnungen beziehen – zwischen absoluter Hoffnungslosigkeit und einem sarkastischen Lachen, betrachten wir die acht Zeichnungen von 1957, die Le Strip-tease komponieren – und andere Gemälde, die Munch fast wie einen lustigen Kerl aussehen lassen (La Gueule de bois, 1960).

 

 

Nicht anhand der Rekonstruktion der Geschichte, sondern über das Erzählen von Geschichten über Objekte üben die sentimentalen Museen ihre Vermittlungsarbeit aus“, schrieb Bazon Brock über den modus operandi, der Daniel Spoerri am Herzen lag und der hier angewandt wird um in den hintersten Winkel eines faszinierenden Korpus einzudringen, dessen Textilfiguren, die die Künstlerin sehr mochte, mit Werken von Annette Messager (Les Spectres des couturières, 2015), Louise Bourgeois oder auch Andy Warhol in einen Dialog treten, darunter The Last Supper (Camel/57) von 1986. Diese riesige Komposition, die zur letzten Serie des Pop-Papstes gehört, steht La Table (1965-67) von Eva Aeppli gegenüber, einer Vision des Letzten Abendmahls, die das Blut in den Adern gefrieren lässt, bei der dreizehn Kreaturen aus Seide, Velours, Watte, Wolle und Kapik „die Conditio humana darstellen. (…) Ich habe den Tod ins Zentrum dieser Figurengruppe gestellt, um die Verbrechen darzustellen, die im 20. Jahrhundert begangen wurden“, erklärte sie 1999. Eine identische Vision steht hinter Groupe de 13 (1968), das sie in Hommage an Amnesty International realisiert hat: Sie taucht hier den Stoff in Tee, um den Gesichtern und Händen den Aspekt von Prellungen zu verleihen. Man bleibt anschließend sprachlos in einem riesigen Raum, in dem ihre gemeinsam mit Jean Tinguely realisierten Kreationen hin-und herschwanken, knarzen und jubeln, sich mit metallischem Klackern bewegen, dank elektronischer Motoren: Les Sorcières terrestres (1991), die man als eine heftige Kritik der Hegemonie des Fernsehens ansehen kann, eine brillante Hommage à Käthe Kollwitz (1990-91) oder auch Louise, viens faire de la balançoire avec moi (1994), ein makabres Drehkreuz, das aus einem Roman von Stephen King stammen könnte!


Im Centre Pompidou-Metz bis 14. November

centrepompidou-metz.fr

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