Platz für Graffiti in Nancy mit Aérosol
Vom Vandalismus bis zur institutionellen Anerkennung, blickt Aérosol in Nancy auf die Ursprünge des Graffitis zurück.
Die Wände freundlicher machen… und die Kunstgeschichte verändern. Zwischen 1960 und 1985 gelingt dem Graffiti ein Kunststück. In der Straße geboren, zeigt es sich nun in den prestigeträchtigsten Museen, ohne jemals seinen Underground-Geist zu verleugnen. Diese Ausstellung zum Eintauchen beleuchtet die Mischung, die eine ikonoklastische Kunst geformt hat. Auf dem französischen Markt in den 1950er Jahren erschienen, verführt seine leichte Handhabung und seine Präzision die Bastler, aber nicht nur die. Objekte, Werke und Zeugnisse von Künstlern bestätigen dies: Der Protest ist der Dreh-und Angelpunkt dieser neuen Ausdrucksform. Während seine ersten Repräsentationen, die im öffentlichen Raum in den Sechzigern beobachtet werden, anonyme Forderungen sind, ändert Mai 68 die Lage. Obwohl er nie auf Plakaten oder Spruchbändern prangerte, setzt sich der Aphorismus „Es ist verboten zu verbieten“, der von Pascal Perquis photographiert wurde, als einer der großen Slogans durch. Von diesem populären Elan inspiriert, nehmen sich Ben Vautier und André Cadere der Spraydose an. Die Arbeit von Zloty, Schüler von Yves Klein und Pionier der Streetart, ist gleichzeitig ein UFO und eine Referenz. Einfache menschliche Silhouetten, die mit Rot befleckt sind, seine Éphémères sind eine Hommage an die Opfer des Nationalsozialismus, die ihm in den 1980er Jahren zwei Prozesse für beabsichtigte Degradierung von öffentlichen Gütern einbringen. Im Jahr 2024 eröffnen sie die Sammlung urbaner Kunst des Centre Pompidou…
Empfänglich für den Zeitgeist, verführt diese Praktik auch das musikalische Milieu. Sein Protest-Aspekt passt auch zum Nihilismus und dem DIY-Geist des Punks, insbesondere dank Schablonen, die die Ausbreitung von politischen Botschaften und Gruppenlogos vereinfachen, von Wänden bis T-Shirts über Schallplatten-Cover. Die Symbiose erreicht ihren Höhepunkt als The Clash Futura 2000 dazu einlädt, beim Konzert im Théâtre Modagor im Jahr 1981 live eine Freske im Bühnenhintergrund zu malen. Der aus Brooklyn stammende Künstler wiederholt dies ein Jahr später bei der New York City Rap Tour und setzt damit die Graffiti als einen der Pfeiler des Hip-Hops in Frankreich durch. Der Kreislauf ist positiv: Vom Punk beeinflusst, setzen sich Jef Aérosol, Blek le Rat und Miss.Tic als namhafte Schablonen-Graffitikünstler durch. Das graffiti-writing, das im Kielwasser der Straßenkulturen aus den Vereinigten Staaten importiert wurde, verstärkt den Erfolg der Tags. Mit freier Hand umgesetzt, herrscht das Picturo- Graffiti über Paris, bekleidet die Hauptverkehrsadern (Kollektiv 3Dvipa) und die Metro (Claude Costa) mit vielfarbigen Gemälden. Ob sie aus der Kunstgeschichte, der Werbung oder den aktuellen Nachrichten schöpft, mit Humor oder Ernst, zeigt diese Straßenmalerei eine außergewöhnliche Fähigkeit dazu die französische Gesellschaft widerzuspiegeln. Auch wenn die vermehrten Ausstellungen und die Verwandlung dieser vergänglichen Kunst in Kulturerbe kontraintuitiv erscheinen, setzen sie sich auf augenscheinliche Weise durch: Jene der Begabung Parallel-Geschichten zu erzählen, die ungreifbar, aber immer fundamental sind.
Im Musée des Beaux-Arts (Nancy) bis31. August
musee-des-beaux-arts.nancy.fr