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AUGUSTE RODIN, PSYCHÉ À LA LAMPE, 1899 Plâtre (épreuve tirée d’un moule pris sur un marbre), 70 x 68 x 39 cm Musée Rodin, Paris, Inv. S.02850 Photo: © agence photographique du musée Rodin – Jerome Manoukian

Mit einem Korpus von rund 110 Werken stellt die Fondation Beyeler einen faszinierenden Dialog zwischen den Ikonen Rodin / Arp her.

Der Erste war der große Sprenger der Skulptur des 19. Jahrhunderts. Der Zweite einer der Meister der Abstraktion des 20. Jahrhunderts. Haben Sie sich getroffen? Das überliefert die Geschichte nicht, selbst wenn die Hypothese verlockend klingt. Trotzdem haben sich die Werke – Skulpturen, aber auch Zeichnungen, Aquarelle, Collagen… – von Auguste Rodin (1840-1917) und Jean Arp (1886-1966) viel zu sagen. Der Beweis wird in einer Präsentation geliefert, die mit dem Aufeinandertreffen des berühmten Denkers und des Ptolemäus III eröffnet, einer symbolischen Einführung in einen thematischen Rundgang. Dieser beginnt mit der Automatischen Skulptur (Rodin gewidmet) von 1938 deren abgerundete flüssige Formen formell an eine Kauernde aus den 1900er Jahren erinnern, die ihr gegenübersteht. Der Autor der Bürger von Calais wird von Arp auch in einem Gedicht von 1952 geehrt: „Seine Skulpturen sind Widerhall von Jahresdauern, sind schlafende Küsse auf Totenhänden, sind Quallen mit Lack- knopfstiefelchen des Walzerjahrhunderts.“ Neben dieser expliziten Verbindung entfalten sich subtilere Beziehungen, da man bei beiden Männern gemeinsame Inspirationsquellen wie die Hölle aus der Göttlichen Komödie von Dante findet. Schatten treffen ebenso aufeinander wie verdammte Liebende. In einem ewigen Kuss aus Bronze oder Marmor bei Rodin umschlungen, werden Paolo und Francesca auf einem Dada-Relief in Holz dargestellt „in welchem Arp die Figuren auf extrem einfache Konturen reduziert, als ironische Antwort auf eine Interpretation voller Emotion, die fast pompös wirkt“, fasst Raphaël Bouvier, der Kurator der Ausstellung, zusammen.

Ein weitere Parallele ist im Modus Operandi der Künstler zu finden, die eine Komposition erstellen, indem sie – in einem bewusst zufälligen Prozess – Elemente aus einem großen Formen-Repertoire zusammensetzen. Die Haltung zur Gliederung ist dabei grundlegend: Für Rodin bezieht sie sich auf unvollendete Werke von Michelangelo, was das menschliche Antlitz auf das Wesentliche beschränkt. „Die Seele des Werkes befindet sich im Stück“, schrieb er und öffnete die Tür zur Abstraktion. In einem Saal mit einer ergreifenden Atmosphäre antworten die rohen, sinnlichen, fast schmerzhaften Torsi des Einen, wie Iris, Götterbotin auf die glatten und glänzenden des Anderen, wie Daphne. Im Laufe der Säle und der Gegenüberstellungen / Annäherungen – erotische Zeichnungen, gemeinsame Vorliebe für die Metamorphose oder bewusste Assoziation des weiblichen Körpers mit einer Vase – errät man die Konturen einer Sicht auf die Welt und die Kunst mit zarten Verbindungen. Man könnte sie mit folgendem Satz von Rodin zusammenfassen: „Die Wahrheit meiner Figuren ist nicht oberflächlich sondern scheint sich von Innen nach Außen zu entfalten, wie das Leben selbst.“


In der Fondation Beyeler (Riehen / Basel), bis zum 16. Mai
fondationbeyeler.ch

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