> > > > > > > > > > > > > > > > >
Abonnieren Sie sich!
< < < < < < < < < < < < < < < < < < < < < <

Das beeindruckende Universum von Yayoi Kusama in der Fondation Beyeler

Infinity Mirrored Room – The Hope of the Polka Dots Buried in Infinity Will Eternally Cover the Universe, 2025 © YAYOI KUSAMA Photo: Mark Niedermann

Die Ikone der zeitgenössischen Kunst, Yayoi Kusama, steht im Zentrum  einer bemerkenswerten Retrospektive in der Fondation Beyeler, die tausendundeine metaphysische Fragen aufwirft.

Die im Jahr 1929 geborene Yayoi Kusama gehört zu den seltenen Künstlerinnen, die die Grenzen der zeitgenössischen Kunst überschreiten: Davon zeugen zum Beispiel die Kooperationen mit Louis Vuitton. Die Aktuellste war ein Renner: Während die Stücke der kurzzeitig verfügbaren Kollektion Creating Infinity (2023) weggingen wie die warmen Semmeln, wurden riesige Bildnisse der Japanerin in New York und Paris installiert. Nichtdestotrotz ist ihre Arbeit höchst anspruchsvoll. Mit mehr als dreihundert Werken ist diese breite Retrospektive hierzu ein erhellendes Zeugnis, das im Park der Fondation mit Infinity Mirrored Room – Illusion Inside the Heart (2025) beginnt, einem Würfel mit spiegelnder Oberfläche, der dazu einlädt, im Inneren, kosmische vielfarbige Welten zu beobachten. Und man verliert sich in diesem subtilen Planetarium aus geometrischen Kaleidoskopen mit wechselnden Farben, die es erlauben die Sterne zu berühren und / oder in sein tiefstes Inneres einzutauchen. Unterhalb davon, im von Renzo Piano entworfenen Becken, treiben zwölfhundert silberne Kugeln, eine zeitgenössische Reaktivierung des Narcissus Garden – der das Spiegelbild der Besucher einfängt, in Bezug auf den griechischen Mythos – eine „Piraten“-Intervention, die die Biennale von Venedig im Jahr 1966 aufgerüttelt hatte.

 


In den Sälen beginnt der Rundgang mit den Jugendjahren: Ein Portrait von 1939 stellt so eine Frau dar, mit geschlossenen Augen. Ihr Gesicht ist von einem Schwarm aus Punkten umgeben, so als ob Yayoi Kusama schon mit zehn Jahren die Basis ihrer stilistischen Grammatik gelegt hätte. Die „Polka Dots“, dieses auf den ersten Blick wiedererkennbare Punktmuster, ist in der Tat ihre Signatur. Man ist verblüfft angesichts der grundlegenden Werke wie The Night (1953), einer pulsierenden Komposition, die an einen komischen Organismus erinnert, der extrem mit dem Mikroskop vergrößert wurde, oder Corpses (1950), einem rotbraunen Durcheinander, das an den anatomischen Querschnitt kranker Gedärme denken lässt. Unmöglich sich weder an den Horror von Hiroshima und Nagasaki noch an die Ängste zu erinnern, die eine Künstlerin überfallen, die an Geistesstörung leidet (sie lebt seit 1977 auf eigenen Wunsch in einer psychiatrischen Institution), denn es sind die Halluzinationen, die sie nach und nach dazu bringen zu zeichnen. Von den New Yorker Happenings mit den mit Phallus-Darstellungen bedeckten Kleidern über das hypnotisierende Pacific Ocean (1959), scheint sich Yayoi Kusama in einer permanenten Metamorphose zu befinden, lädt den Besucher / Betrachter dazu ein zu experimentieren. Ihr Vokabular besteht aus Invarianten, die sich auf obsessive Weise in zahlreichen Avataren wiederholen – Punkte, Raster, Spiegel… Diese Samen lassen einen kohärenten Korpus entstehen, dem die Suche nach der Unendlichkeit zugrunde liegt. Wir lieben ihre Kürbisse – gemalt wie Pumpkin (1991), oder in Form von Skulpturen in allen Größen – ebenso wie die erstaunliche visuelle Erfahrung zum Eintauchen, die die achtunddreißig Ölgemälde in strahlenden Farben aus der Serie My Eternal Soul (2009-21) erlauben. Kante an Kante gehängt, illustrieren sie das Kredo der Künstlerin: „Ich denke, es ist wichtig, Liebe und Frieden und Hoffnung zu teilen […] und die Botschaft „love forever“ den jüngeren Generationen zu hinterlassen.“ 


Die Ausstellung gipfelt in einem letzten Saal, im Untergeschoss, mit Infinity Mirrored Room – The Hope of the Polka Dots Buried in Infinity Will Eternally Cover the Universe (2025), einer monumentalen begehbaren Installation, die speziell für diesen Ort geschaffen wurde. Der Besucher tritt ein in ein gelbes Universum aus aufblasbaren Tentakeln, die sich bis ins Unendliche in einem futuristischen Spiegelsaal widerspiegeln. Mit Punkten übersät, verleihen diese riesigen organischen Formen das Gefühl in die Innereien einer nicht identifizierten Kreatur einzutauchen. Wir sind im Herzen der Materie: Als wir durch dieses phantasmagorische Labyrinth irren, treffen wir auf eine „Spiegel-Box“, eine echte Installation in der Installation, die uns auf unwiderstehliche Weise anzieht. In das einzutauchen was einer Matrix ähnelt, erlaubt es eine andere Erfahrung zu erleben, auf gewisse Art umgekehrt und vervielfältigt, wie die Konfrontation mit einer unendlichen Möglichkeit. 


In der Fondation Beyeler (Riehen / Basel) bis 25. Januar 2026
fondationbeyeler.ch

Das könnte dir auch gefallen