Pierre Boulez ist der Star der Pfingstfestspiele des Festspielhauses

Pierre-Laurent Aimard © Julia Wesely

Zum 100. Geburtstag des Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez widmet ihm das Festspielhaus seine Pfingstfestspiele.

Kapuzinerstrasse 9, in Baden-Baden: Die Adresse ist lange legendär geblieben, denn sie war jene von Pierre Boulez (1925-2016) als er sich 1960 dazu entschied Frankreich zu verlassen, da er die „Dummheit“ des musikalischen Lebens des Landes bedauerte. Als radikaler Komponist, Anhänger der tabula rasa, zu dessen Kredo es gehörte „Regeln aufzustellen für die Freude sie später zu zerstören“, Dirigent mit strenger Gestik, der sich besser als jeder andere den Partituren von Mahler oder Wagner annahm – mit einem unübertrefflichen Ring zum hundertsten Jubiläum in Bayreuth im Jahr 1976 – und unermüdlicher Gestalter, war er eine der großen musikalischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Das Festspielhaus – wo er regelmäßig dirigierte oder auch an zahlreichen Abenden als einfacher Zuschauer teilnahm – präsentiert eine schöne Hommage mit diesem kaleidoskopartigen Portrait in acht Konzerten. Hier entfalten sich natürlich Le Marteau sans maître, eine Kantate für Stimmen und sechs Musiker zu Gedichten von René Char, der die Musik im Jahr 1954 revolutionierte. Das Ensemble Recherche lässt dieses Meisterwerk in einen Dialog mit Kompositionen von Studenten der Musikhochschulen Karlsruhe und Freiburg treten (07.06.). 


Eine unumgängliche Figur der Boulez-Geste, der Pianist Pierre-Laurent Aimard, ist mit von der Partie mit einem Konzert (03.06.) in Form eines Ausflugs in das Klavier-Repertorium des 20. Jahrhunderts – Schönberg, Webern, Debussy, Ravel und die 3. Klaviersonate von Boulez, deren Ausführung auf zufällige Weise realisiert wird – und ein Konzert des SWR Symphonieorchesters (31.05.), in dem drei Notations in einen Dialog mit den Uraufführungen von Mark Andre und Enno Poppe in Hommage an den Meister treten. Mit dem London Symphony Orchestra (06.06.) unter der Leitung von Antonio Pappano – nichts weniger als das –, wird der große Neuerer mit einem seiner Vorgänger Hector Berlioz konfrontiert, dessen Symphonie fantastique ein Zwiegespräch mit Mémoriale eingeht, einer weiteren Abschrift von explosante-fixe… (1972), in dem die Blasinstrumente ein Eigenleben zu führen scheinen. Und schließlich ist es unmöglich das 1976 von Pierre Boulez gegründete Ensemble Intercontemporain nicht zu erwähnen, das Répons (01.06.) interpretiert… Zweimal, da das Publikum dazu eingeladen ist zwischen den beiden Interpretationen den Platz zu wechseln um eine andere Klangperspektive zu erfahren. Instrumentengruppen, die sich mit einer Handvoll von Solisten messen und elektronisch modifizierte Klänge mischen sich für eine ganz neue Erfahrung. Dies erlaubt es die Klischees zu überwinden und zu entdecken, dass Pierre Boulez zweifelsohne einer der anregendsten Komponisten seiner Zeit war. 


Im Festspielhaus (Baden-Baden) vom 31. Mai bis 9. Juni 
festspielhaus.de

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