Avant-gardiste

Sans titre, dit American Picnic, vers 1918 © Paris, Fondation Albert Gleizes, Adagp, Paris 2021

Mit Juliette Roche, die Ungewöhnliche präsentiert Besançon eine vergessene, unglaubliche Malerin und Schriftstellerin, in einer atemberaubenden Retrospektive.


Man glaubt schnell, dass der Schatten von Jean Cocteau, Patenkind ihres Vaters, der jungen Juliette Roche (1884-1980) die Türen zum üppigen künstlerischen Pariser Milieu Anfang des 20. Jahrhunderts öffnete. Ihre Meister sind Paul Sérusier und Maurice Denis und sie freundet sich mit Nabis und Félix Vallotton an, deren Liebe zum Symbolismus und einfachen Formen sie teilt. Der Kubismus erfasst sie und der Erste Weltkrieg treibt sie in und ihren zukünftigen Ehemann Albert Gleizes ins Exil nach New York, wo sie mit Duchamp verkehren. Sie nimmt dort aktiv an der Dada-Bewegung teil. So spiegelt ihr Still-Leben Hachoir (1917) ein dezentriertes Bild des blutigen Konflikts, voller Pazifismus wider. Der Eklektizismus ihres Geschmacks zeigt sich in einem Stapel von Masken (1912-1914) in dem sich Pierrot-Figuren und asiatische, prä-kolumbianische oder afrikanische Gesichter in einer bedrückenden Komposition treffen, die fast Angst einflössend ist. Auf die Geometrie der Formen, zahlreiche konvexe und konkave Kurven der Étude pour “Sur les ramblas” (1916), antworten Fächer und Plissee-Kleider der eleganten Passantinnen. Im selben Jahr entsteht ihre Nature Morte au porron, eine Vase mit bedrohlichen Stacheln von Seeigeln, die einen symbolistischen Vogel zeichnen, der von ornamentalen Formen umgeben ist. Die Blume, die darin steckt, erinnert an eine Brosche aus übereinandergelagerten Stoffen in Dreiecksform.

 


Meisterwerke
Neben den großen Werken von Juliette Roche, präsentiert das riesige Gemälde Sans titre, genannt American Picnic (1918) trotz seiner Unfertigkeit eine fröhliche und inspirierte Interpretation von La Danse von Matisse, in der die Problematiken einer damals erstaunlichen Universalität aufeinanderprallen: Zwischen Goldenem Zeitalter, Sexualität, ethnischem Melting-Pot und Gender-Problemen durchzieht diese vier Meter lange Komposition die Kunstgeschichte. Die Lebhaftigkeit der Farben in einem utopischen Raum, eine Art Garten Eden, dessen strahlende Klarheit mit dem Schatten konfrontiert wird, erinnert an einen gewissen Paul Gauguin. Der Einfluss der Nabis ist immer da, mit Schichten von Formen, die aus Bäumen riesige Pilze machen, zwischen denen ungefährliche Raubkatzen umherstreifen. In der Mitte das was vor der Zeit an ein Mobile von Calder erinnert, wenn es nicht ein abstrakter Pfau mit Motiven von Keramiken der Navajo und Hopi ist, am Rande eines Déjeuner sur l’herbe, im Adamskostüm, für drei Frauen unterschiedlicher Hautfarbe. Die androgynen Tänzer ihrerseits, zwischen Orange und leuchtendem Rot, wirbeln in einer flüssigen Bewegung umher. Kein einziger Mann taucht auf, aber die Malerin, die sich mit einer Freundin in der linken unteren Ecke des Gemäldes abgebildet hat, blickt uns direkt an, steht voll und ganz zur bildlichen Freiheit und der Thematik ihrer primitiven Träumerei. Um 1930 komponiert sie Adam et Ève, dessen Töne Odilon Redon in nichts nachstehen. Ève scheint im Zentrum zu thronen, dominiert die Tiere und den ebenholzfarbigen Mann, in einem üppigen Meer aus vermischter Flora und Fauna.


Im Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie (Besançon), bis zum 19. September mbaa.besancon.fr

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