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Angst vor Virginia Woolf im Schauspiel Stuttgart

Tina Lanik © Thomas Dashuber

Am Schauspiel Stuttgart wird Wer hat Angst vor Virginia Woolf?,  der Klassiker des modernen Psychotheaters in einer Neuinszenierung von Tina Lanik,  eine Antwort auf die Frage aller Fragen finden lassen.

Als der Theaterautor Edward  Albee für sein neues Stück einen Titel suchte, wurde er an der Wand eines New Yorker Nachtclubs fündig: „Wer hat Angst vor  Virginia Woolf?“. Heute steht das Graffiti für einen der meistgespielten Bühnenklassiker der Moderne. 1962 erlebte der Psychokrieg des Ehepaares George und Martha und ihren Freunden seine Uraufführung und seither wurde ihr Wohnzimmer immer wieder in die Theatersäle der Welt verlegt. Am Schauspiel Stuttgart wird Tina Lanik dafür sorgen, dass sich die ganze Dimension der offen ausgetragenen Konflikte wie beim ersten Mal erfahren lässt. „Das Stück zeigt universelle Abhängigkeitsverhältnisse, die Machtspiele zwischen Martha und George sind Ausdruck menschlicher Bedürfnisse nach Liebe, aber auch nach Kontrolle und Selbstbestätigung“, sagt die Regisseurin. Selbst wenn die Rollenbilder vor allem der weiblichen Figuren heute nicht mehr der gesellschaftlichen Norm entsprechen, so bleibt doch im Kern die Auseinandersetzung gleich: „Die zentrale Konfliktdynamik entsteht aus der Verletzlichkeit der Figuren, ihrer Einsamkeit.“

 

Tina Lanik © Thomas Dashuber

 

Für die Theatermacherin Lanik ist die Intensität der Konflikte ein wesentlicher Bestandteil des Stücks. Der Text bezieht seine Wucht aus seiner Direktheit – und die Darstellung auf der Bühne? „Wir haben uns in den Proben bemüht, Formen und Haltungen für die dauernden Angriffe der Figuren aufeinander zu finden, und das hat natürlich auch immer komisches Potential, wenn sich Menschen derart entblößen“. Der Autor Edward Albee hatte eine eigene Interpretation des Titels: „Wer hat Angst, sein Leben ohne Illusionen zu leben?“ Am Ende seines Stückes wird Martha sich ihre Illusion, Mutter eines nicht existierenden Sohnes zu sein, eingestehen als das, was es ist: eine Lebenslüge. Erfolgt dem Verlust von Illusionen die Desillusion über die Illusionslosigkeit? „Ich glaube, man muss diese Ambivalenz hervorheben“, betont Tina Lanik. Und so lässt die Regisseurin auf der Bühne einerseits Raum für Optimismus: „Der Entschluss nicht mehr einer gesellschaftlichen Konvention zu folgen, hat auf jeden Fall etwas Befreiendes, die Figuren müssen nicht mehr „spielen“, nicht für sich selber, aber auch nicht für die anderen“. Doch ist dieser Blick in die Realität gleichsam ein schmerzlicher: „Martha und George verlieren damit auch den Schutz, den ihnen das Spielen, die Illusionen gegeben hat“. Darin zeigt sich eine Verletzlichkeit, die wir alle zu fürchten haben – womit schließlich auch die Frage beantwortet wird, die uns der Titel stellt: Wer hat Angst vor Virginia Woolf? Virginia Woolf!

 


Im Schauspielhaus Stuttgart am 25. Oktober, am 01., 11., 15., 22., 29. November und am 17. sowie 31. Dezember 
schauspiel-stuttgart.de

 

von Michael Magercord

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