Entdeckung von Schöpfer*innen: Menschen und ihre Werke im Museum der Kulturen

La coopérative Tingatinga : peinture sans titre de Simon George Mpata, de Tanzanie, vers 1970. / Die Tingatinga- Kooperative: Gemälde ohne Titel von Simon George Mpata, aus Tansania um 1970

Wer versteckt sich hinter den im Museum der Kulturen ausgestellten Objekten? Schöpfer*innen: Menschen und ihre Werke versucht auf diese Frage zu antworten. 

Tausende Federn eines roten Ibisses, von anonymen Händen im 16. oder im 17. Jahrhundert geduldig mit Naturfasern zusammengeknüpft, um einen wogenden Mantel für die Zeremonien der Tupinambá, zu knüpfen, eines Stammes aus Amazonien, der früher wegen seines Kannibalismus gefürchtet war. Elf dieser empfindlichen Schmuckmäntel haben bis heute überlebt. Um ihre unbekannten Schöpfer zu ehren hat die Künstlerin und Aktivistin Glicéria Tupinambá einen neuen hergestellt, der bei der Biennale von Venedig im Jahr 2024 präsentiert wurde um die Vernichtung der autochthonen Völker nach der Entdeckung Brasiliens durch Pedro Álvares Cabral im Jahr 1500 anzuprangern. Zwischen alten Photographien und einem Video von Fernanda Liberti – in dem die Künstlerin und Aktivistin, von oben betrachtet, auf hypnotisierende Weise mit einem solchen Umhang tanzt – drückt sich eine Suche nach den Ursprüngen aus, die dem gesamten Rundgang zugrunde liegt, der rund 300 Ausstellungsstücke zeigt. Wer hat dieses oder jenes Objekt gewoben, hergestellt, geschmiedet, zerschnitten, genäht oder gezeichnet? Wissen wir es überhaupt? 

Löffel aus Westafrika © Museum der Kulturen Basel

Die extrem dichte Ausstellung erlaubt es zum Beispiel die Familie von Augusto Kuiru zu entdecken, die regelmäßig ab Ende der 1960er Jahre den Ethnologen Jürg Gasché bei Forschungsaufenthalten bei den Murui in Kolumbien empfing. Sie stellten zahlreiche Objekte für ihn her, damit die Museen von ihrer Lebensweise zeugen können, was den Platz der indigenen Gemeinschaft (und die Notwendigkeit mit ihr auf Augenhöhe umzugehen) in der Forschung zeigt: Von der Lockpfeife für Taire bis zum unglaublichen Tanzbalken für den Yadiko-Zyklus – ein Ritual bei dem Menschen, Tieren, Pflanzen und anderen Wesen gedankt wird, was es erlaubt die vitalen Beziehungen zwischen verschiedenen Formen der Existenz zu erneuern – werden zahlreiche Artefakte gezeigt. Wir mögen auch sehr die Gemälde der Kooperative Tingatinga, in Tansania, die eine „naive“ künstlerische Bewegung hervorbrachte, in der die Tiere einen zentralen Platz einnehmen, wie beim genialen Dorf, das von John Kilaka gemalt wurde… Oft bleiben jedoch die Namen und die Biographien der Schöpfer unbekannt. Eine riesiges iranisches Qalamkari-Tempeltuch, das um 1900 gewoben wurde, die javanischen Marionetten von Ki Catur Kuncoro – zwischen traditionellen Motiven und Repräsentationen von… Lady Gaga – oder auch eine Serie von Löffeln aus den 1880er Jahren aus Kamerun: Während die Objekte faszinierend sind, sind es die Welten, an die sie erinnern, umso mehr. Indirekt werfen sie auch Fragen zu den Herstellungsbedingungen der zeitgenössischen Konsumprodukte auf. 


Im Museum der Kulturen (Basel), bis zum 25. Januar 2026 
mkb.ch 

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